: Ölpest bedroht Mangroven
BOHRINSEL-KATASTROPHE Der Ölteppich vor der Küste Louisianas umfasst fast 1.000 Kilometer. US-Behörden erwägen, ihn abzubrennen. Umweltschützer befürchten große Schäden
BRITTA KÖNIG, WWF
VON HEIKE HOLDINGHAUSEN
Der US-Küste am Golf von Mexiko droht weiterhin eine schwere Ölpest. Nach Explosion und Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ am Mittwoch vergangener Woche seien bislang alle Versuche, das Leck zu stopfen, gescheitert, sagte Mary Landry, Sprecherin der US-Küstenwache zur Agentur AFP. Zudem hätten Rettungskräfte damit begonnen, eine Schutzglocke zu bauen, die sie über die gesunkene Bohrinsel stülpen wollen, aus der in 1.500 Metern Tiefe täglich rund 160.000 Liter Rohöl austreten. US-Behörden erwägen zudem, den Ölteppich, der inzwischen rund 1.000 Kilometer umfasst und etwa 30 Kilometer vor der Küste Louisianas treibt, abzubrennen.
„Das ist natürlich eine brachiale Methode“, sagt Dieter Schmidt, Abteilungsleiter Ölunfallbekämpfung im Seebereich des Havariekommandos in Cuxhaven. Die gemeinsame Einrichtung von Bund und Küstenländern ist für den Katastrophenschutz in Nord- und Ostsee zuständig. Bei der Verbrennung entstünden nicht nur giftige Rauchgase, sondern auch Rückstände, die im Meer verblieben und zum Beispiel Fische gefährden könnten. „Das ist kein erprobtes Verfahren, das man mal so eben anwendet“, sagt Schmidt, „damit gibt es nur ganz wenige Erfahrungen, meist auf Versuchsbasis.“
In Nord- und Ostsee, aber auch im Mittelmeer, werde gegen Ölverschmutzungen mechanisch vorgegangen, sagt Schmidt. Ölteppiche würden mit Ölsperren eingekreist und dann abgesaugt. Zudem könnten auch Spezialschiffe eingesetzt werden.
Auch Christian Bussau, Ölexperte von Greenpeace, steht der Verbrennung skeptisch gegenüber. Die Bilder aus dem Golf von Mexiko zeigten einen sehr zerfledderten Ölteppich, der teils aus dicken, dunklen Rohölflecken, teils aus einer regenbogenartig schillernden, dünnen Schicht bestünde. „Das verbrennt höchstens teilweise“, sagt Bussau. Es gehe jetzt sowieso nur noch um das geringste Übel, sagt Britta König, Sprecherin des WWF-Zentrums für Meeresschutz. Unter den Techniken, den Schaden zu begrenzen, sei die Verbrennung eben eine, sagt König. Katastrophal wäre es, wenn der Ölteppich auf die Küste des Mississippi-Deltas treffe, so die Expertin. „Sie ist zerklüftet, der Boden sandig bis sumpfig“, sagt König, „das bietet eine große Aufprallfläche.“ Die dortigen Mangrovenwälder seien zudem ein besonders empfindliches Ökosystem. Ölplattformen seien eine Hochrisikotechnologie. „In Regionen wie dem Golf von Mexiko haben sie nichts zu suchen“, fordert König. Beispielsweise sei er Laichplatz des bedrohten Blauflossenthunfischs, über den auf der jüngsten Artenschutzkonferenz in Doha gestritten worden sei. Der Fisch und sein Laich seien durch den Ölteppich bedroht.
Wichtig sei, sagt Bussau, dass die potenziell bedrohten Küsten schon jetzt mit dem notwendigen Gerät versehen würden. „Die Menschen dort brauchen Ölsperren, Lastwagen, Boote mit wenig Tiefgang und Schaufeln.“ Erreiche der Ölteppich die Ufer, müsse schnell reagiert werden.