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Archiv-Artikel

„Ich leide. Aber nicht unter Kritik“

JUBILÄUM II Das Gesellschaftsressort taz.zwei feiert Zehnjähriges. Ein Gespräch über Tierthemen, Hass und zu viele Treppenstufen

taz.zwei

■ ist neun und bald zehn Jahre alt. Das Gesellschafts- und Medienressort der taz hat sich 2003 nach eigenen Angaben „selbst aus der Kultur herausgeschnitten“. Aua. Der publizistische Zerberus, dessen Zwinger in den vierten Stock an der Rudi-Dutschke-Straße gehauen wurde, hat aktuell neun Köpfe. Mit der Seite 13, dem Wappen von taz.zwei, beginnt das „hintere“ Buch der Zeitung.

INTERVIEW SVENJA BEDNARCZYK

taz: Liebe taz.zwei, nun hast du am Freitag Geburtstag. Warum feierst du erst eine Woche später deinen Zehnten?

taz.zwei: Leibesübungen, die alte Sportsocke, wird am gleichen Tag 30. Alter vor Schönheit und so. Aber das ist in Ordnung. Ich feiere mich dafür in der Woche danach selbst – mit einer riesigen Party und jeden Wochentag auf einer Seite in der Zeitung mit großer Nabelschau.

Was erwartet die Leser?

Ich weiß nicht, ich bin nicht so der Planer. In anderen Zeitungen würden die Feuilletonchefs wohl ein bisschen herumonkeln. Wahrscheinlich schreibt irgendwer über mich und was für ein Punk ich schon immer war, warum Deutschland mich braucht, und vielleicht gibt es auch einen Text über Tiere. Tierthemen, das mögen die Leser. Texte über Sex mit Tieren kommen dagegen nicht so gut an. Das weiß ich aus Erfahrung.

Du wirst oft von Lesern beschimpft, deine taz-Geschwister mobben dich mit dem Spruch: „Dafür wurde diese Zeitung nicht gegründet!“ Wegen deiner Kolumnisten kündigten schon einige Erboste nicht nur ihr Abo, sondern auch ihre Mitgliedschaft in der Genossenschaft auf. Ich möchte mit dir über Hass sprechen …

Super. Du kannst es auch aufschreiben. Dafür habe ich nämlich vor ein paar Tagen die Hass-Box vor den Konferenzraum im ersten Stock gestellt. Ich habe sie selbst gebastelt und mit Geschenkpapier beklebt. Dort sollen sich alle mal so richtig über mich auskotzen. Ich bekomme ja sonst keine Post zum Geburtstag. Später werde ich die mit tiefschwarzer Tinte geschriebenen Abneigungspamphlete gänzlich in der Zeitung veröffentlichen, damit alle etwas davon haben.

Ist das eine Art Eigentherapie? Leidest du, taz.zwei?

Natürlich leide ich, aber nicht unter der Kritik. Das Alter macht mir zu schaffen. Zehn Jahre gibt es mich bald. So viel Kaffee habe ich getrunken, so viele Treppenstufen bin ich jeden Tag in den vierten Altbaustock hinaufgestampft, wo meine Schreibtische stehen. Ich brauche nämlich Platz. Verdammt, das schlaucht. Aber eigentlich kann ich mich nicht beschweren. Eine Zeit, in der Angela Merkel beinahe die absolute Mehrheit erhält, ist für mich als Gesellschaftsressort das Paradies. Da lässt sich viel darüber schwadronieren, was wohl alles so schiefläuft.

Was gefällt dir nicht?

Ich fragte mich schon immer, wie wollen wir zusammenleben? Und wie tauschen wir uns darüber aus? Was mir alles nicht passt, würde hier deutlich den Rahmen sprengen. Aber ich denke, ich werde weitere zehn Jahre Zeit haben, die Probleme unserer Zeit auf meinen Seiten im Blatt knallhart zu analysieren.

Was glaubst du, passiert mit dir in den nächsten zehn Jahren?

Bei mir bleibt insgesamt alles gut oder wird nur noch besser. Weiterhin fördere ich die Formatvielfalt und meine eigene Darstellung durch eine Inflation der Ich-Form oder weitere Drogen-Selbstversuche, die es im sogenannten vorderen Buch der Zeitung nicht gibt. Außerdem wird für mich mehr Kaffee fließen und sicher gibt es auch noch weitere Texte über Sex mit Tieren. Und weil die taz 2017 in neue Redaktionsräume zieht, ist vielleicht bald auch mein Problem mit den Altbautreppen gelöst. Also, alles töfte.

Svenja Bednarczyk ist seit Juli 2013 Volontärin der taz. Ihre Ausbildung wird durch die taz Panter Stiftung ermöglicht. Derzeit arbeitet sie im Ressort taz.zwei.