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Archiv-Artikel

Den Körper zu Markte tragen

NOT Arme Frauen lassen sich in Spanien auf die risikoreiche Eizellspende ein – die Wirtschaftskrise befördert das. Denn obwohl das Gesetz untersagt, dass für Eizellen Geld fließt, tut es dies doch

AUS MADRID REINER WANDLER

Ein Blick ins Internet zeigt, dass es in Spanien etwas gibt, das eigentlich verboten ist: „DRINGEND: Wir sind ein Paar aus Alcalá de Henares. Wir werden eine In-vitro-Befruchtung versuchen. (…) In der Klinik haben sie uns gesagt, dass wir eine Eizellenspenderin für ein anderes Paar suchen müssen. Und ein anderes Paar sucht für uns. … Es gibt eine Belohnung.“

In unterschiedlichen Foren suchen Frauen ganz offen Eizellenspenderinnen, andere bieten sich an und preisen ihr Aussehen, ihre Intelligenz. Rechtschreibfehler, wie sie so meist nur in Grundschulen vorkommen, zeigen, dass viele der Frauen aus einfachen Verhältnissen stammen dürften oder nicht richtig Spanisch können.

Eizellenspenden müssen per Gesetz, wie Organspenden auch, „uneigennützig“ sein. Spenderin und Empfängerin dürfen sich nicht kennen. Doch Privatkliniken zahlen 600 bis 1.000 Euro „Aufwandsentschädigung“ für die mehrere Wochen dauernde Hormonbehandlung bis zur Entnahme der Eizellen. Und wenn sich Interessierte und Spenderin – wie in der obigen Anzeige oft als Dreiecksgeschäft – vorab einigen, fließt, trotz Dementis aus den Kliniken, weiteres Geld.

Rund 55 Prozent der europaweit gezählten Eizellenspenden finden in Spanien statt. Über 8.000 Spenderinnen sind das im Jahr. „In den letzten vier Jahren ist die Zahl der Frauen, die Eizellen spenden, sprunghaft angestiegen. Es fällt schwer zu glauben, dass dies nichts mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage zu tun hat“, heißt es auf „Trótula crítica“, einer Seite für gynäkologische Themen. Seit Beginn der Krise – mit nunmehr 26 Prozent Arbeitslosigkeit, und unter Jugendlichen ist jeder Zweite ohne Job – ist die Zahl der Spenderinnen laut Presseberichten um 20 Prozent gestiegen. Im Internet wird die Eizellenspende ganz offen als Geldquelle gepriesen. „Ihr erinnert euch sicher an den Text über Samenspende. Dank der Scheißkrise nimmt die Zahl der Jungs, zu, die ganz ‚uneigennützig‘ etwas Geld dazuverdienen … Heute reden wir über die Eizellen“, heißt es auf einer Seite mit dem Namen „sin dinero“ – ohne Geld.

Das Gesetz hat eine wichtige Lücke. Spenderinnen werden nicht registriert. Ärzte empfehlen eine Obergrenze von drei Spendenzyklen, das Gesetz lässt bis zu sechs zu. Doch werden in der Presse immer wieder Fälle von Frauen bekannt, die weit mehr Spenden unternommen haben – aus Not.