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Archiv-Artikel

Nepals Opposition feiert Sieg über König

Der unbeliebte Monarch kündigt die Einberufung des vor knapp vier Jahren aufgelösten Parlaments an. Parteiallianz beendet Proteste, wodurch es zum Bruch mit den maoistischen Rebellen kommt. Denn deren Führer spricht von „faulem Kompromiss“

AUS DELHI BERNARD IMHASLY

Es hätte der größte Protestmarsch in fast drei Wochen werden sollen. Stattdessen wurde daraus eine Siegesparade. Denn am Vorabend war Nepals König Gyanendra erneut vor die Fernsehkameras getreten und machte seinen dritten Rückzieher. Jetzt erfüllte er die Minimalforderung der Volksopposition – die Einberufung des Parlaments, das er im Mai 2002 aufgelöst hatte. Die Erklärung kam kurz vor Mitternacht, als viele Bewohner Kathmandus nach 19 Tagen Protest erschöpft waren. Dennoch strömten Tausende auf die Straßen und feierten.

Die Oppositionsallianz akzeptierte das Angebot des Königs schnell. Gestern bestimmte sie den greisen Präsidenten der Nepali-Congress-Partei, Girija Prasad Koirala, zum interimistischen Regierungschef. Er war bereits mehrfach Premier gewesen.

Der König konnte mit seiner Erklärung auch einen kleinen Sieg erringen. Sie führte zum ersten Mal zu Sprüngen im Pakt zwischen Parteien und Maoisten. Deren Anführer Prachanda verurteilte gestern die Annahme von Gyanendras Vorschlag als „faulen Kompromiss“. Er erklärte, die Proteste gegen den König würden bis zu dessen Vertreibung weitergehen. Auch die wirtschaftliche Blockade der Hauptstadt werde weitergeführt. Prachanda äußerte sich nicht zur Frage, ob der einseitig erklärte Waffenstillstand aufrechterhalten wird. Dieser beschränkt sich ohnehin nur auf Kathmandu. Der Angriff auf die Kleinstadt Chautara 100 Kilometer nordöstlich am Montag war ein Wink, dass die Maoisten bereit sind, jederzeit wieder zuzuschlagen.

Gyanendras Erklärung folgten intensive Kontakte zwischen dem Palast und der Parteienallianz. Dabei waren die Botschafter Indiens und der USA Briefträger. Die Diplomaten überbrachten dem König auch die neue Position der internationalen Gemeinschaft. Diese hatte sich am Freitag voreilig hinter die Vorschläge des Königs gestellt. Sie musste dann hastig zum Rückzug blasen, als das Volk in den Straßen mit dem Mandat der Regierungsbildung keineswegs zufrieden war. Die anschwellenden Proteste vom Wochenende zeigten auch dem König den Ernst der Lage. Während er am Freitag die Demonstranten noch mit keinem Wort erwähnte, bezeugte er nun im Versuch, sich wieder als Vater der Nation zu positionieren, sein Beileid angesichts der Mitbürger, „die in der Volksbewegung ihr Leben verloren haben“. Und nun erinnerte er die Parteien an ihre Verantwortung für Frieden und Mehrparteiendemokratie. Am Freitag hatte er noch den Schutz der Monarchie an die erste Stelle gesetzt.

Mit der Wiederbestellung des Parlaments nimmt der König den Schritt zurück, mit dem er den Prozess der Demontage demokratischer Institutionen begann. Die erste Aufgabe des Parlaments sind daher Maßnahmen, die eine Wiederholung einer solchen Entwicklung verhindern sollen. Dies kann nur durch Korrektur der Verfassung geschehen.

Ein Sprecher der Parteienallianz erklärte, das Parlament werde wohl noch am Freitag über Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung befinden. Die große Frage, die sich dann stellen wird: Soll Nepal eine Demokratie mit einem bloß repräsentativen König an der Spitze sein oder soll es eine Republik werden? In der heutigen Stimmung dürfte die Antwort eindeutig für „absolute“ Demokratie ausfallen. Doch mit dem Verblassen der Erinnerung an die Proteste wird sich wieder die ungelöste Frage des Kriegs der Maoisten vordrängen: Welche Option garantiert nicht nur Demokratie, sondern auch Frieden?

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