Neuer Schock für geprellte Immobilienkäufer

Beim Bundesgerichtshof wird nur noch der bankenfreundliche 11. Zivilsenat über Klagen der Anleger urteilen

KARLSRUHE taz ■ Für die geprellten Käufer so genannter Schrottimmobilien haben sich die juristischen Kampfbedingungen deutlich verschlechtert. Am Bundesgerichtshof wird für ihre Fälle künftig nur noch der – als bankenfreundlich geltende – 11. Zivilsenat zuständig sein. Die Betroffenen hatten ihre Hoffnungen dagegen auf den 2. Zivilsenat gesetzt, der zuletzt durch einige verbraucherfreundliche Entscheidungen für Unruhe gesorgt hatte. Der 2. Senat wird aber keine Fälle mit Schrottimmobilien mehr bearbeiten, teilte gestern Gerd Nobbe mit – der Vorsitzende Richter des 11. Senats.

Nach Schätzungen von Verbraucherschützern geht es bundesweit um rund 300 000 Häuser und Wohnungen, die vor allem in den 90er-Jahren an unerfahrene Anleger verkauft wurden. Unangeforderte Vermittler überredeten die Betroffenen oft an der Haustür oder am Arbeitsplatz dazu, eine Wohnung zu kaufen und diese mit einem Kredit zu finanzieren. Angeblich sollten sich die Kreditraten über Mieteinnahmen und Steuervorteile weitgehend selbst finanzieren. Doch fanden die Wohnungen oft bald keine Mieter mehr und die Anleger blieben auf ihren Kosten sitzen. Ähnlich negativ verliefen damals viele Investitionen in Immobilienfonds.

Der für Gesellschaftsrecht zuständige 2. Senat kam ins Spiel, weil sich bei den Fonds einige spezielle Fragen stellten. Doch plötzlich entschied der 2. Senat auch die Grundfragen viel verbraucherfreundlicher als der eigentlich zuständige 11. Senat. Er ermöglichte den Geprellten eine völlige Rückabwicklung der Geschäfte, während der 11. Senat immer wieder neue Hürden für die Anleger aufstellte. Damit sprach der BGH rund ein Jahr lang mit zwei Zungen. Medienberichten zufolge sollen sich die Richter der beiden Senate nicht einmal mehr gegrüßt haben.

Gestern nun hat der 11. Senat einige Detailfragen rund um die Schrottimmobilien entschieden und Gerd Nobbe konnte lakonisch verkünden, dass der 2. Senat seine bisher abweichende Rechtsprechung aufgibt. So wurden unter anderem Einwendungen gegen die Kreditverträge erschwert, die auf einen Verstoß der Vermittler gegen das Rechtsberatungsgesetz abzielten.

Viel wichtiger war aber die Ankündigung Nobbes, dass der 11. Senat künftig alle zukünftigen Fälle selbst entscheiden wird. Damit ist er auch zuständig für die Umsetzung eines EuGH-Urteils vom letzten Herbst. Dort hat der Europäische Gerichtshof angeordnet, dass die Banken das wirtschaftliche Risiko der Immobilien übernehmen müssen, wenn das Darlehen in einer Haustürsituation geschlossen wurde und der Kauf der Immobilie später erfolgte. Nach Einschätzung von Verbraucheranwälten betrifft diese Konstellation etwa die Hälfte aller Verfahren. Zuständig ist jetzt Gerd Nobbe und sein 11. Senat.

CHRISTIAN RATH