: Zum Rapport beim Papst
AFFAIRE Unter Katholiken wächst der Ärger über das Gebaren des Bischofs von Limburg. Inzwischen werden immer mehr Einzelheiten über sein großzügiges Verhältnis zum Geld und zur Wahrheit bekannt
VON PASCAL BEUCKER
KÖLN taz | Der umstrittene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sich am Wochenende Richtung Vatikan verabschiedet. „Er ist aktuell in Rom“, bestätigte eine Sprecherin des Bistums Limburg am Sonntag der taz. Weitere Details wollte oder konnte sie nicht nennen. Fest steht allerdings, dass der 53-jährige Geistliche bei seinem Rapport im Heiligen Stuhl einiges wird erklären müssen.
Tebartz-van Elst sieht sich immer neuen Vorwürfe ausgesetzt, immer bizarrer wirkt sein Treiben im Zusammenhang mit dem Bau seines protzigen Bischofssitzes. Wie ein absolutistischer Fürst soll der erzkonservative Bischof in seinem Sprengel herrschen – und dabei wiederholt Kirchengremien und die Öffentlichkeit getäuscht haben. Vieles spricht dafür, dass der römisch-katholische Gottesmann nicht nur bei der Abgabe eidesstattlicher Erklärungen mit der Wahrheit seine Probleme hat.
So berichten die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung als auch der Spiegel, Tebartz-van Elst sei schon vor Baubeginn darüber informiert gewesen, dass die vom Bistum Limburg nach außen kommunizierten Zahlen über die Kosten nichts mit der Realität zu tun haben. Unter seiner Verantwortung seien vielmehr jahrelang systematisch die Baukosten verschleiert worden.
Damit sei sowohl die Aufsicht des Vatikans als auch des Vermögensverwaltungsrats des Bistums unterlaufen worden. Das Domkapitel als eigentlich höchstes Leitungsgremium hatte der machtbewusste Kirchenfunktionär schon Ende 2008 ausgebootet und die Zuständigkeit über die Vermögensverwaltung des Bischöflichen Stuhl, einer Art legaler Schattenhaushalt, entzogen. Wie aus internen Unterlagen des Ordinariats hervorgeht, gab es bereits 2009 eine grobe Kostenschätzung in Höhe von 17 Millionen Euro, über die der Limburger Oberhirte informiert gewesen sein soll. Eine genauere Kalkulation kam zwei Jahre später auf 27 Millionen Euro.
Die Steigerung soll insbesondere etlichen exklusiven Sonderwünschen des Bischofs geschuldet gewesen sein. Wie die FAS jetzt berichtete, ließ der nicht nur den gerade angelegten Garten planieren und neu pflanzen – Kostenpunkt: eine Dreiviertelmillion Euro. Für den „raumbildenden Ausbau“ – Einbauschränke etc. – machte der Kirchenmann auch über 477.000 Euro locker. Neue Oberlichter und zusätzliche Deckeneinbaulautsprecher wurden auf Wunsch nachträglich montiert. Ganz besonders haltbares – und entsprechend kostspieliges – Sicherheitsglas für die Oberlichter in Tebartz-van Elsts Arbeitszimmer fand sich nur in Washington, um ein paar Beispiele zu nennen.
Alljährlich schickte die Kölner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, mit der kaufmännischen Abwicklung des Projekts beauftragt, eine detaillierte Kostenaufstellung an die Vertreter des Bischöflichen Stuhls, also an den Bischof und seinen Generalvikar Franz Kaspar.
Trotzdem ließ Tebartz-van Elst noch Ende Juni verkünden, der aktuelle Kostenstand für die Arbeiten am Diözesanen Zentrum St. Nikolaus belaufe sich „auf 9,85 Millionen Euro“.
Erst Anfang Oktober räumte das Bistum ein, die Summe des Bauvorhabens sei mittlerweile auf rund 31 Millionen Euro gestiegen. Das ist wohl nicht das letzte Wort: Laut Welt am Sonntag rechnet die Limburger Stadtverwaltung mit Folgekosten in Millionenhöhe. Grund dafür seien die Schäden, die durch die Baumaßnahmen in der direkten Umgebung des bischöflichen Hauses auf dem Domberg entstanden sind. Dadurch könnten die Gesamtkosten auf bis zu 40 Millionen Euro steigen.
Der Bauherr bedauert
Auf dem Limburger Domplatz demonstrierten am Sonntag frustrierte Katholiken gegen das selbstherrliche Gebaren von Tebartz-van Elst. Aus Protest ließen sie die Glocken des Doms um 12.00 Uhr dreizehnmal schlagen. Die Austrittszahlen im Bistum sollen in den letzten Tagen und Wochen drastisch angestiegen sein.
Der Bischof sei „betroffen über die Eskalation der aktuellen Diskussion“, teilte das Bistum am Wochenende mit. „Er sieht und bedauert, dass viele Gläubige im Bistum und darüber hinaus unter der gegenwärtigen Situation leiden“, heißt es in der kurzen Erklärung. Für ihn sei es „selbstverständlich, dass die Entscheidung über seinen bischöflichen Dienst in Limburg in den Händen des Heiligen Vaters liegt“.
Als Angebot zum Rücktritt sei das jedoch nicht zu verstehen.