: „Es geht um die Formensprache“
Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki erklärt, warum die „umgedrehte Kommode“ auf dem Stadtwerder durchaus ein Glasdach bekommen darf – und wo Schluss ist mit dem Krötenschlucken
Interview: Klaus Wolschner
taz: Sie sind der Böse, der die Bebauung der umgedrehten Kommode auf dem Stadwerder verhindert?
Georg Skalecki: In die Rolle werde ich gedrängt. Aber das stimmt nicht. Wir haben keine grundsätzlichen Bedenken gegen das Projekt. Die Diskussionen gehen über Jahre schon, das liegt aber nicht an der Denkmalpflege. Von Seiten der Investoren gab es da lange Pausen.
Wogegen sind Sie?
Wir haben nichts gegen die Umnutzung des Wasserturmes, nichts gegen die Nutzung des Daches für einen gastronomischen Betrieb mit einer neuen, modernen Architektur. Aber es geht um das Wie.
Flachdach nein – Zeltdach ja? Warum?
Es handelt sich architekturgeschichtlich um einen spätklassizistischen Bau, der Motive aus dem mittelalterlichen Bogenbau übernimmt. Die klassische Dachform hinter einer Attika ist bei einem quadratischen Bau eben so ein Zeltdach. Diese Dachform hat der Bau derzeit – und es spricht nichts dagegen, diese historische Form zu nutzen.
Auch wenn es aus Glas ist?
Ja. Es geht um die gewohnte Silhouette, die Formensprache, die aufgegriffen werden soll, damit sich das Moderne integriert in das Überlieferte. Und dann geht es um Proportionen. Das ist ein Dach. Man darf das nicht überdimensionieren.
Das hieße also: nicht zwei Stockwerke Gastronomie, sondern besser nur eines?
Ganz genau. Die Fläche würde vollkommen reichen, wenn man es intelligenter machen würde. Der Wasserturm hat eine Fläche von mehr als 800 Quadratmetern. Die Architekten haben Toiletten, Lager und Küche da eingeplant und damit nicht nur wertvolle Fläche verschenkt, sondern auch die Rundumsicht. Richtung Weserstadion haben die Service-Funktionen geplant. Nur deswegen sagen sie, dass sie die zweite Ebene bräuchten. Zudem sind rundherum Außenterrassen geplant – aber bekanntlich ist es da oben immer so windig, dass man die nur selten wird nutzen können. Glasscheiben, die man bei Bedarf aufschieben könnte, wären sinnvoller – und würden wertvolle Quadratmeter erhalten. Von den 800 Quadratmetern Fläche sollen weniger als 500 Gastronomie werden – warum kann man das nicht auf einer Ebene erreichen?
Die Investoren sagen, das ganze Projekt kippt wirtschaftlich.
Das ist eine vorgeschobene Argumentation. Die 400 Quadratmeter müssen erst einmal bespielt werden. Auch im Erdgeschoss ist ja Gastronomie geplant, zusätzlich zu dem Jazzkeller und dem Café.
Gegen die Glasschürzen an den Türmchen haben Sie nichts?
Ich weiß nicht, was die sollen. So weit sind wir noch nicht.
Und der gläserne Aufzug neben dem Gebäude?
Der Turm ist nicht in Ordnung. Wir wollten ursprünglich die Erschließung des Gebäudes im Inneren haben, um die architektonische Form zu erhalten. In den langwierigen Verhandlungen hat sich aber herausgestellt, dass es bautechnisch problematisch ist, drei Fahrstühle und Treppenhaus im Inneren durch die Zwischendecken zu ziehen, aus statischen Gründen. Nur deswegen haben wir gesagt, wir müssen einen außen beigestellten Fahrstuhlturm akzeptieren. Über Details ist noch nicht geredet worden: Wie groß muss der sein? Wie kann der gestaltet werden? Das ist eine Kröte, die wir schlucken müssen, irgendwann ist dann aber Schluss.
Sie verhandeln mit den Architekten?
Ja. Der letzte Termin war kurz vor Ostern.
Und dann ist das Thema öffentlich gemacht worden?
Von unserer Seite aus nicht. Ich weiß nicht, wer das lanciert hat. Ich war davon ausgegangen, dass wir in konstruktiven internen Gesprächen sind.
Teile der Verwaltung seien gegen die vorliegenden Entwürfe, hieß es. Sind Sie das? Oder gibt es auch in der Baubehörde Widerstände?
Ja. Ich kann nicht für das Stadtplanungsamt sprechen. Aber dessen Leiter hat sich klar positioniert, er lehnt den Vorschlag genau wie wir ab.