: Pflüger und der wahre Islam
Der CDU-Spitzenkandidat begründet seine Ablehnung der Ahmadiyya-Moschee mit der Auffassung der muslimischen Mehrheit. Die ist keinesfalls unumstritten
Friedbert Pflüger, der Spitzenkandidat der Berliner CDU, lässt sich bei seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem geplanten Moscheebau der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde vor allem von Vertretern der religiösen Konkurrenz beraten. Pflüger bezieht sich in seiner Argumentation nicht nur auf den Sektenbeauftragten der Evangelischen Kirche Berlin, Thomas Gandow, der die Ahmadiyya als „Zeugen Jehovas der Muslime“ bezeichnet hatte. Beraten lässt sich der Spitzenkandidat unter anderem auch von seinem Parteifreund Ertan Taskiran.
Taskiran, Berliner türkischer Herkunft, kandidiert im September für die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Christdemokrat ist er seit 1998 – wieder. Denn 1996 hatte der damals 26-Jährige die CDU zunächst verlassen, nachdem seine aktive Mitgliedschaft in der islamischen Organisation Milli Görüs bekannt geworden war. Milli Görüs – auf Deutsch: Nationale Sicht – ist eine bundesweit tätige Vereinigung sunnitischer Muslime türkischer Herkunft. Diese bilden die größte Gruppe unter den Muslimen in Deutschland. Der Berliner Verfassungsschutz zählt die Milli Görüs, die bundesweit zirka 26.000 Mitglieder hat, zu den „nicht gewaltorientierten islamistischen Gruppen“.
Heute habe er mit Milli Görüs nichts mehr zu tun, sagt Ertan Taskiran. Seine Einschätzung der Ahmadiyya spiegele die der muslimischen Mehrheit wider: Die Organisation sei unter „Muslimen allgemein“ nicht wohl gelitten, so der Christdemokrat.
Tatsächlich werden die Ahmadis in Pakistan, dem Herkunftsland der meisten Mitglieder dieser Glaubensrichtung, verfolgt. Viele aus Pakistan stammende Ahmadis bekamen deshalb in Deutschland Asyl. Die Gemeinschaft betrachtet einen islamischen Gelehrten aus dem 19. Jahrhundert als Messias. Vielen anderen Muslimen gelten die Ahmadis daher als Abtrünnige.
Auch Pflüger folgt dieser Argumentation. Die Ahmadiyya-Gemeinde würde ihre Moschee nicht in Kreuzberg bauen, da sie dort „von den anderen Muslimen nicht erwünscht“ sei, sagte Pflüger der taz. Durch Gespräche mit Vertretern von Vereinen türkischstämmiger Zuwanderer sieht er sich bestätigt. Dass er von manchen als „Muslimfeind“ dargestellt würde, bringt Pflüger in Rage. Er sei ja nicht prinzipiell gegen Moscheebauten. „Die Bürger müssen aber in der Lage sein, ihre Fragen zu stellen.“ Ihre Ängste und Befürchtungen müssten ernst genommen werden: „Wer die Heinersdorfer verdammt“, so Pflüger, „der öffnet der NPD die Türen.“
Die Ahmadiyya-Gemeinde will im Pankower Stadtteil Heinersdorf eine Moschee bauen. Eine Bürgerversammlung musste wegen erheblicher Proteste der Anwohner abgebrochen werden. Wenig später demonstrierte die NPD gegen die Moschee.
Zu anderen derzeit in Berlin geplanten Moscheebauprojekten will Pflüger sich nicht äußern. Unter anderem plant die Islamischen Föderation Berlin in der Kreuzberger Falckensteinstraße einen Neubau. Sie gilt vielen Experten als Berliner Ableger der Milli Görüs, streitet solche Verbindungen aber seit Jahren vehement ab. Auch diese beiden Organisationen bildeten nicht sein Leitbild des Islam ab, so Pflüger, „aber das sind nun mal Muslime“. Alke Wierth