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blauäugiger blondinen-rassismus von HARTMUT EL KURDI

Den alltäglichen Rassismus in der deutschen Gesellschaft zu thematisieren gilt seit einiger Zeit als gutmenschelnd. Inzwischen darf man als Journalist eher, ohne unseriös zu wirken, jedem Türken unterstellen, er wolle bei nächst bester Gelegenheit seine Schwester wahlweise zwangsverheiraten, verprügeln und/oder erschießen. Dass man mit solchen Artikeln auch hervorragend in eine der vielen offenen Redaktionsleiter-Körperöffnungen gleiten und seine Karriere befördern kann, ist dabei nur ein Nebenphänomen. Die meisten der verantwortlichen Mainstream-Rassisten in Presse und Politik meinen es leider ernst, sind aber so feige oder so dumm und unreflektiert, dass sie nicht zugeben können, worum es ihnen eigentlich geht.

Das Angenehme an bekennenden Nazis – die eher selten von Mut, Intelligenz und selbstreflexivem Denken belästigt werden – ist ja, dass sie nie leugnen würden, Rassisten zu sein. Da weiß man, woran man ist. Die wollen die Kanaken, Juden und Nigger raushaben und unter sich sein. Dass dieses Bedürfnis – Reindeutschseindürfen unter Reindeutschen – auch unter den so genannten Eliten wieder an Reiz gewinnt, lässt sich an der Desinformation im Fall Ermyas M. ablesen.

Anders lässt sich nicht erklären, dass man in einem Moment, in der ein Mensch ausdrücklich wegen seiner Hautfarbe ins Koma geprügelt wird, von „Integrationsproblemen“ redet, seinen Blutalkoholgehalt diskutiert und als Hinweis für einen rassistischen Hintergrund einen notariell beglaubigten Nazi-Parteiausweis verlangt. Auch die typisch rassistisch-paranoide, aus Minderwertigkeitsgefühlen geborene Jammerverteidigung Wolfgang Schäubles, die dem schwarzen Opfer „blonde und blauäugige“, also explizit arische Opfer gegenüberstellt, heißt schlicht, dass es nichts Besonderes ist, wenn ein Schwarzer angegriffen wird, weil er ein Schwarzer ist. Halb so schlimm. Gibt schließlich auch viel anderes Schlimmes.

Auch an den Wortverhaltungen, die Nationalität des Opfers betreffend, ist nicht nur Hilflosigkeit abzulesen: Von „Äthiopier mit deutschem Pass“ über „Äthiopier mit deutscher Staatsangehörigkeit“ bis zu „Deutschafrikaner“ reichte das Gestammel, bis man sich auf Formulierung „Deutschäthiopier“ einigte, die an Heuchelei allerdings nicht zu überbieten ist. Wie Bettina Gaus in der taz schrieb: „Der Mann ist Deutscher. Punkt“. Und das ist er unter anderem auch, weil die Partei von Schönbohm und Schäuble vor einigen Jahren durch eine Schmuddelkampagne verhindert hat, dass es Deutschtürken, Deutschäthiopier oder Deutschirgendwas gibt. Wer Deutscher ist, darf juristisch gar nichts anderes sein, außer in verzwickten Ausnahmefällen. Ob sich jemand selbst über seinen wie auch immer gearteten kulturellen Mischmasch definiert, hat damit übrigens nichts zu tun. Das ist Privatsache.

Einen Schwarzen, einen Hakan oder auch einen Friedmann einfach nur als Deutschen ohne Zusatz existieren zu lassen und trotzdem zu erkennen, dass ein Angriff auf ihn aus einer von den Tätern definierten Andersartigkeit resultiert, ist ein offensichtlich zu komplexer Vorgang für den deutschen Medien-und Politiksimpel.

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