: EZB ignoriert Ratings
SCHULDENKRISE Das Hilfspaket wird gepackt und bekommt eine Schleife: Die Notenbank will griechische Staatsanleihen auch mit Ramsch-Status als Sicherheit von Banken akzeptieren
BERLIN dpa/afp/taz | Es geht also doch: Nachdem der Internationale Währungsfonds am Sonntag den Startschuss für Griechenland-Hilfen gegeben hatte, war am Montag plötzlich einiges möglich, was bislang durch eherne Regeln verboten schien. Den überraschendsten Beitrag lieferte die Europäische Zentralbank (EZB): Für griechische Staatsanleihen hob sie die Regel auf, dass Banken nur Papiere mit einer von den Ratingagenturen bestätigten befriedigenden Kreditwürdigkeit als Sicherheit hinterlegen dürfen, wenn sie sich bei der Zentralbank Geld leihen wollen. Experten bezeichneten das als „inoffiziellen Beitrag der EZB zum Hilfspaket“. Die Ausnahme gelte bis auf Weiteres, so die EZB.
Zwar hatte die Notenbank bereits im Zusammenhang mit der Vertrauenskrise unter den Banken auch zweitklassige Papiere im Refinanzierungsgeschäft angenommen und diese Regelung sogar schon einmal verlängert. „Zweitklassig“ hätte aber nicht mehr ausgereicht, wenn die beiden Ratingagenturen Fitch und Moody’s dem Beispiel von Standard & Poor’s von vergangener Woche folgen und griechische Anleihen auf Ramsch hinunterstufen.
Analysten befürchteten prompt, dass die unerwartete Maßnahme die Unsicherheit über den künftigen Kurs der Notenbank erhöhe und die Märkte neu destabilisiere. Allerdings nannten einige sie auch unvermeidlich. UniCredit-Volkswirt Alexander Koch sagte: „Griechische Geschäftsbanken refinanzieren sich wohl hauptsächlich über dieses System. Wäre es gekappt worden, wäre der kommerzielle Bankensektor Griechenlands am Ende gewesen.“
Deutlich sicherer dürfte inzwischen die Zustimmung Deutschlands zu den internationalen Hilfen für Griechenland sein. Ebenfalls am Montag beschloss das Kabinett einen Gesetzentwurf für den deutschen Beitrag zum Gesamtpaket von 110 Milliarden Euro. Darin erklärt sich Deutschland bereit, binnen drei Jahren Kredite in Höhe von bis zu 22,4 Milliarden Euro bereitzustellen. Griechenland soll die Hilfen mit 5 Prozent Zinsen zurückzahlen. Am Freitag sollen erst der Bundestag und dann der Bundesrat über den Entwurf abstimmen. Am Abend kommen dann die Spitzen der Eurozonenländer zusammen, um sich einen Überblick über den Prozess zu verschaffen.
Die Opposition kritisierte aber das Vorgehen der Regierung. Die SPD knüpfte ihre Zustimmung an wirksamere Regeln zur Kontrolle der Finanzmärkte. Konkret forderte Parteichef Sigmar Gabriel eine europäische Finanzmarktsteuer für alle Finanzprodukte, eine europäische Ratingagentur und ein Verbot „ökonomisch gefährlicher Finanzprodukte“. Die Grünen legten einen Entwurf mit ähnlichen Bedingungen vor, den sie gern als Antrag aller Fraktionen in den Bundestag einbringen wollen. Die Linken wollen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht zustimmen. Es habe keinen Sinn, Hilfspakete zu schnüren, „ohne dass man die Banken an die Kette legt“,sagte Parteichef Oskar Lafontaine.
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