: Kino des Kampfes
GEGENPROPAGANDA Das Programm der Kurdischen Filmtage Hamburg hat eine klare Richtung. Es zeigt Geschichten der Unterdrückung
Um das Vergnügen daran, Filme zu sehen, wird es den Besuchern hier wohl nur unter anderem gehen. Denn hier wird das Kino als ein Mittel des politischen Kampfes eingesetzt. Das merkt man schon an dem Einführungstext des Programms – eher ein Manifest als die Einstimmung auf eine Kulturveranstaltung.
Das Nujiyan Frauenzentrum und der Verband der Studierenden aus Kurdistan YXK laden da mit Sätzen wie „nach nunmehr 35 Jahren Befreiungskampf im viergeteilten Kurdistan hat die kurdische Bewegung eine basisdemokratische kommunalistische Organisierung entwickelt“ zum Filmschauen ein.
Dabei ist es bemerkenswert, dass es überhaupt kurdische Filme gibt. Die Kurden sind eine Ethnie ohne eigenen Staat, ihre Sprache wird verboten und ihre Kultur unterdrückt. Und doch wird seit sechs Jahren ein Festival mit kurdischen Filmen gefüllt. In diesem Jahr sind es zwei Spiel- und fünf Kurzfilme sowie sechs Dokumentationen.
Der Spielfilm „Bekas“ („Verwaist“) ist eine schwedisch-finnische Koproduktion. Aus der Perspektive von zwei jungen Brüdern wird über das Leben von Kurden im Irak der frühen 90er-Jahre erzählt. Die Protagonisten haben keine Eltern mehr und wie die meisten Kurden versuchen sie mit allen Mitteln, aus dem Land zu fliehen, das Saddam drakonisch regiert. Sie wollen nach Amerika und machen sich mit einem Esel als Transportmittel auf den Weg. Der Regisseur Karzan Kader erzählt hier eine autobiografische Geschichte, er verließ als Sechsjähriger das Land.
In der Dokumentation „Merk dir die Sterne“ wird der berüchtigte Fall von drei linksgerichteten Studenten erzählt, die nach dem Militärputsch von 1971 verhaftet und ein Jahr später hingerichtet wurden. Dies ist der einzige Film im Programm, der durchgehend in Türkisch gedreht wurde. In anderen Filmen des Programms wird vorwiegend in der kurdischen Sprache Kurmandschi gesprochen. Türkisch hört man in diesen Filmen meist nur aus den Mündern der Unterdrücker.
Die Dokumentationen sind überwiegend Reportagen, in denen recherchiert wird, wie brutal Kurden unterdrückt, gefoltert und ermordet wurden. Schon an Titeln wie „Der Staat ist der Täter“ wird deutlich, dass die Filme als Gegenpole zur vorherrschenden anti-kurdischen Propaganda in der Türkei gemacht wurden.
Auch stilistisch ambitioniert dürfte dagegen „Ich schrieb die Wahrheit – Das Tagebuch von Lice“ von Ersin Celik sein. In dessen Mittelpunkt steht das Tagebuch eines Bauern, der seit 1945 die Vorkommnisse in seinem Dorf nahe der Kleinstadt Lice aufzeichnet und so von dem Mord an vier Dorfbewohnern, einem Erdbeben in den 70er-Jahren und dem Niederbrennen des Dorfes Zeugnis ablegt. HIP
6. Kurdische Filmtage: bis 22. Oktober, Hamburg, 3001