: SPD: Mit uns keine Studiengebühren
Schleswig-Holsteins Sozialdemokraten erteilen den Plänen von Wissenschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) eine eindeutige Absage, aber die Studierenden trauen dem Frieden noch nicht. Sie wollen weiterkämpfen
Es knirscht mal wieder im großkoalitionären Gebälk: Mit einem klaren Nein zu Studiengebühren gingen der SPD-Landeschef Claus Möller und der SPD-Fraktionsvorsitzende Lothar Hay auf Konfrontationskurs zu CDU-Minister Dietrich Austermann, der das Bezahlstudium am liebsten so schnell wie möglich einführen möchte. Im Ministerium wird bereits ein Gesetzentwurf vorbereitet – ein Affront gegen die Koalitionspartnerin SPD, die sich immer gegen Gebühren ausgesprochen hat. Austermanns Vorstoß widerspricht auch dem Koalitionsvertrag: Dort haben sich beide Parteien nämlich darauf geeinigt, dass Schleswig-Holstein in der Gebührenfrage keine Vorreiterrolle spielen sollte.
So sind die klaren Worte der Spitzengenossen – „Mit der SPD wird es in der Hochschulgesetznovelle keine Studiengebühren geben“, sagte Möller – eigentlich nur eine Bestätigung der bekannten Linie. Dennoch sind sie ein wichtiges Signal, denn die Studierenden plagte die Furcht, die Sozialdemokraten könnten vielleicht doch einknicken. Entsprechend klangen zumindest Äußerungen von Austermann gegenüber dem Flensburger Tageblatt: Man sei in einem „guten Gespräch“ mit der SPD über das Knackthema, die Konflikte seien „nicht unüberwindlich“.
Andeutungen, die auch die Nord-Jusos aufschreckten. Per Pressemitteilung redeten sie in den vergangenen Tagen ihrer Landtagsfraktion ins Gewissen: „Es ist an der Zeit, zu seinem Wort zu stehen und sich aus der Defensive zu verabschieden“, forderte der bildungspolitische Sprecher des Juso-Landesverbandes Hendryk Zeuschner.
Die Jusos sind auch Mitglied des „Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren“, das Anfang dieser Woche den so genannten „Kieler Aufruf“ veröffentlicht hatte. Zum Bündnis gehören die ASten, Landeseltern- und Landesschülerrat, Gewerkschaften und Partei-Nachwuchsgruppen.
Trotz der Unterstützung durch die SPD-Oberen wird sich das Bündnis nicht beruhigt zurücklehnen. Denn im Koalitionsvertrag bleibt ein Schlupfloch offen: Schleswig-Holstein werde keine Insellösung zulassen, steht dort. Heißt: Wenn alle Nordländer die Gebühren einführen, wird Kiel nachziehen. Die CDU meint, die Insel sei schon da, weil Hamburg und Niedersachsen Gebühren wollen. Die SPD pocht darauf, dass Norddeutschland aus fünf Ländern bestehe. Solange in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern keine Gebühr erhoben wird, wäre Schleswig-Holstein demnach nicht unter Zugzwang.
„Alle sagen, sie wollen nicht als einziges Bundesland gebührenfrei bleiben. Das ist doch eine Linie, auf die man sich verständigen kann“, sagt Hendryk Zeuschner und hofft auf bessere Zeiten: „Wenn Schleswig-Holstein zu seinem Nein steht, kann auch eine Hamburger SPD nach einem Regierungswechsel wieder von Studiengebühren absehen.“ In der Hansestadt demonstrierten viele Studierende gegen die Pläne des CDU-Senats und kündigten bereits an, die Aktionen in diesem Jahr fortzusetzen.
So konkret sind die Pläne des Kieler Bündnisses noch nicht: „Wir müssen erst mal abwarten, was genau kommt“, sagt Sven Gieseler vom AStA der Kieler Uni. Er bedauert, dass Minister Austermann „sich rar macht“: So wurde eine Veranstaltung im Kieler Audimax mehrfach verschoben und schließlich ganz abgesagt: „Schade. Wir würden gern mit ihm reden, wir haben gute Argumente gegen die Gebühren.“ Sollte die Debatte für einige Zeit vom Tisch sein, gebe es genug andere Probleme, meint der AStA-Vertreter: „Angefangen mit den übervollen Hörsälen.“ Das Dumme nur: Viele der Probleme lassen sich nur mit Geld lösen. Austermanns Studiengebühren sollen jährlich rund 40 Millionen Euro in die Etats der Unis bringen. est