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Archiv-Artikel

AMERICAN PIEHeißer Sommer

Nach dem frühen Aus für die Mavericks wird über die Zukunft von Dirk Nowitzki diskutiert

Der Sommer hat früh begonnen in diesem Jahr für Dirk Nowitzki. Allzu früh, findet der beste deutsche Basketballspieler. Langweilig allerdings dürfte ihm kaum werden in den kommenden Monaten. Denn auch wenn sich seine Dallas Mavericks bereits in der ersten Runde aus den Playoffs verabschiedet haben – in Dallas, prophezeit Mavericks-Coach Rick Carlisle, steht „ein interessanter Sommer“ bevor.

Vor allem Mark Cuban, der Besitzer der Mavericks, darf sich Gedanken machen, was geschehen soll mit einem Team, das stets als Mitfavorit auf den Titel gehandelt wird, aber nicht in der Lage scheint, eine Meisterschaft zu gewinnen. Die Mavericks haben in den vergangenen zehn Jahren immer mehr als 50 Saisonspiele gewonnen. Das ist vor ihnen nur drei Mannschaften in der Geschichte der NBA gelungen: Die allerdings haben in dieser Zeit jeder mindestens drei Titel gewonnen. Auch ansonsten mühen sich die Mavericks, Negativrekorde aufzustellen. Das Ausscheiden gegen die San Antonio Spurs war der dritte Erstrunden-K.o. in den Playoffs innerhalb von vier Jahren.

Die Unfähigkeit, einen Titel zu gewinnen, nagt nun auch an Nowitzki. Seit zwölf Jahren spielt er in Dallas und hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass er seine Karriere als Maverick zu beenden beabsichtige. Doch der Titelgewinn ist ein Traum, den er sich unbedingt erfüllen will. Nach der letzten Niederlage in San Antonio bekannte er sich erstmals in seiner NBA-Laufbahn nicht eindeutig zu einer Zukunft in Dallas. Tatsächlich hat Nowitzki nun die Möglichkeit auszusteigen aus seinem Vertrag, der ihm 21,5 Millionen Dollar Gehalt für die nächste Spielzeit garantiert. Anderswo würde er sicherlich weniger verdienen, aber hätte womöglich bessere Aussichten auf die Meisterschaft. Er habe jedenfalls vor, so ein sichtlich enttäuschter Nowitzki, sich „alle Optionen offenzuhalten“.

Das muss er auch, wenn er tatsächlich noch einmal NBA-Champion werden will. Viel Zeit bleibt ihm dazu nicht: Im Juni wird er 32 Jahre alt und hat, nach Selbsteinschätzung, nur noch „ein paar gute Jahre“ vor sich. Dass er die als zweite Geige an der Seite eines noch größeren Stars verbringen könnte, das darf man Nowitzki durchaus zutrauen. Mit der Rolle als Alphatier, die ihm in Dallas seit einem Jahrzehnt zugewiesen wird, hat er sich nie anfreunden können.

So wird in Dallas wieder einmal fröhlich spekuliert, ob das Team nicht von Grund auf erneuert werden und dazu Nowitzki gegen ein paar hoffnungsvolle Talente eingetauscht werden sollte. Tatsächlich sind die Mavericks die im Durchschnitt älteste Mannschaft in der NBA. Ein Umbruch scheint vonnöten.

Die Verantwortlichen aber wollen davon vorerst nichts hören. „Was andere Alter nennen, das nennen wir Erfahrung“, sagt Klub-Präsident Donnie Nelson. Aber die Mavericks müssen ihr Aushängeschild Nowitzki beruhigen und bringen sich deshalb schon mal in Stellung, vielleicht doch einen der begehrten Stars nach Dallas zu holen, deren Verträge in diesem Sommer auslaufen. Er denke, sagte Coach Carlisle einige Tage nach dem Playoff-Aus, dass das Management der Mavericks gute Chancen habe, einen LeBron James oder Dwyane Wade nach Dallas zu locken: „Großartige Stadt, großartiger Klub, großartiger Besitzer.“ Ein weiteres Argument, das Carlisle anführte: die niedrigen Steuern in Texas.

Doch trotz dieser fiskalischen Verlockungen ist es extrem unwahrscheinlich, dass die Mavericks genug Geld haben werden, sich neben dem nicht eben billigen Nowitzki noch einen James oder Wade leisten zu können. Andererseits: Der impulsive Cuban hat sicher noch ein paar Milliönchen übrig von dem Internetdeal, der ihn zum Milliardär machte. Und Wade hat bereits nördlicher gelegenen Klubs eine Absage erteilt: Er lege Wert auf angenehme Temperaturen. Das zumindest kann Dallas garantieren: einen heißen, interessanten Sommer. THOMAS WINKLER