: Die mit den großen Scheinen
HEILSVERSPRECHEN Jobs, Geld, Glück: Die Fußball-WM soll alles nach Südafrika bringen. Die Reportage „Global Players“ zeigt die Händler hinter dem Sportereignis (23.30 Uhr, ARD)
VON JAN SCHEPER
Der Sportgerätehändler Jörg Köppl aus Rothenburg sucht sein Glück in Südafrika. Der Handelsreisende will den Offiziellen im WM-Spielort Durban Kleinspielfelder andrehen. Irgendwie fühlt sich beim Gesprächstermin keiner für den Geschäftsführer von Erhard Sport zuständig, und erfolgreich ist das Unterfangen schlussendlich auch nicht: Die potenziellen Kunden wollten Kunstrasen- statt Beachsoccerplätze.
Neben sportlichen stehen vor allem finanzielle Interessen bei der ersten „afrikanischen WM“ aus Europa im Mittelpunkt. Riecht das nicht ein wenig nach Neokolonialismus? Die im Ersten laufende WDR-Doku „Global-Players – Über das Wirtschaftswunder Fußball“ versucht auf diese Frage eine Antwort zu finden. Sie zeigt die wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse im Hinblick auf das so häufig gepriesene völkerverbindende Mega-Sportevent.
Über dreieinhalb Jahre ist ein Team aus Köln unter der Autorschaft von Tom Theunissen mit Sponsoren und Organisatoren zwischen Südafrika und Deutschland hin- und hergereist und hat die Schritte in Richtung WM 2010 dokumentiert. Entstanden ist eine ungewöhnlich vielfältige Reportage, die dem Zuschauer einen unspektakulären, aber treffenden Blick hinter die Kulissen der WM-Planung ermöglicht. Ortstermine, ob in Soweto oder Frankfurt am Main, stehen im Mittelpunkt. Man ist sehr nah dran an den kleinen Verhandlungen und deren Widrigkeiten.
Investoren und Sponsoren stürzen sich wie die Heuschrecken auf ihre Ansprechpartner am afrikanischen Kap. Es herrscht ein Beratungsüberangebot. Reiseveranstalter, Sicherheitsexperten, PR-Profis und Stadionbauer sind über die letzten Jahre ständig vor Ort und wollen kräftig mitverdienen. Rund 1 Milliarde Euro kostet die größte Volkswirtschaft Afrikas das Turnier.
Auch René Splitthoff von der Promotionsagentur kogag aus Solingen ist im WM-Land unterwegs und doziert fleißig über Vermarktungsstrategien. Neben ihm steht ein bettelnder alter Mann. Splitthoff entledigt sich des Township-Bewohners mit dem zynischen Hinweis, er habe nur „große Scheine“ dabei.
Fragwürdig erscheint es schon, dass vier Wochen Fußball grundlegende strukturelle Änderungen in einem Land herbeiführen sollen, das weltweit die Aids- und Kriminalitätsstatistiken anführt. Das machen die Bilder sehr deutlich, ohne übertrieben zu wirken. Doch die Maschinerie rollt erbarmungslos, und Kritik ist beim Fußballweltverband Fifa ebenso beliebt wie der ein Tor signalisierende Chip im Ball, der von den Regelhütern seit Jahren abgelehnt wird.
Übrig bleiben werden vor allem große Stadien, die schwer zu füllen sein werden, erbaut von einem weltweit kleinen Kreis von Spezialisten. „Südafrika ist abgefrühstückt“, sagt einer von ihnen. Man plant bereits fleißig für Brasilien 2014.