: Es ist noch Suppe da
Bei AG-Hauptversammlungen gibt es selten echte News. Aber sie müssen nun mal sein. Auch bei Springer
Es gibt viel Glas, viel Stahl und knallrote Bild-Tüten für die AktionärInnen. Die Springer-Passage hat sich zur Hauptversammlung der AG herausgeputzt. Dazu stehen in einem Regalmonster bunt gemischt die Zeitungen und Zeitschriften des Konzerns. Damit niemand zu viel Gedrucktes mitnimmt und weil bei Springer offenbar stets eine unbestimmte Angst mitschwingt, wenn Besuch kommt, gibt es jede Menge Wachpersonal. Und Kartoffelsuppe.
Man sei schließlich „von ganz bodenständiger Bescheidenheit“, sagt Springer-Chef Mathias Döpfner, meint aber natürlich nicht die Suppe, sondern die künftige Strategie des Konzerns. Sein Auftritt hat – auch dies eine ungewollte Parallele zum Eintopfgericht – allerdings etwas Aufgewärmtes: Hauptversammlungen finden schließlich statt, weil sie stattfinden müssen. Den leibhaftigen Kleinaktionär im Saal braucht kein Konzern wirklich ernst zu nehmen.
Tut er auch nicht, und wirklich Neues gibt es daher kaum. Gut, in der Auseinandersetzung über den geplatzten TV-Deal will der Konzern jetzt auch gegen das Votum der Konzentrationskommission KEK klagen. Die hatte wie später auch das Bundeskartellamt die geplante Übernahme der Sender-Familie aus Pro 7, Sat.1, Kabel 1 und N 24 untersagt. Springer erklärte darauf das Vorhaben Anfang Februar für gescheitert.
Doch trotz ebenfalls anhängiger Klage gegen den Kartellamtsspruch: Springer-TV wird es wohl nie mehr geben. Der Konzern will nicht mehr. Selbst wenn man vor Gericht gewinnt – es gehe nur um „Rechtssicherheit“ für künftige Einkaufstouren, sagt Döpfner. Und für die gilt das Motto „Online to Print“, bzw. „Online zuerst“.
Schließlich hatte der Konzern schon am Montag angekündigt, alle seine Berliner Zeitungsredaktionen mit Ausnahme der Boulevardtitel Bild und BZ unter Führung von Welt-am-Sonntag-Chefredakteur Christoph Keese in einem Newsroom zu konzentrieren. Online inklusive. Unter der Marke „Welt-online“ soll daraus sogar die „führende Nachrichten- und Service-Website Deutschlands werden“, wird Döpfner dann ein einziges Mal wenigstens etwas kühner. Wenn Gottschalk so „Wetten, dass …?!“ machen würde, hätte man ihn längst zu Kabel 1 entsorgt.
Spannend hätte es immerhin in Sachen Umsetzung des neuen Gesetzes werden können, nachdem die Vorstände ihre Bezüge offenlegen müssen. Das will Springer aber nicht, und mit einer Dreiviertelmehrheit der Aktionärsstimmen kann die Hauptversammlung hier auch eine Ausnahme beschließen. Was sie – nach Redaktionsschluss dieser Seite – auch vermutlich tat.
Doch dann retten die pointenreichen Einlagen von zwei Kleinaktionären die Veranstaltung: Es ist doch herzergreifend, wenn jemand Friede Springer, die wegen einer Grippe erstmals seit 20 Jahren nicht das Aufsichtsräte-Bänkchen drückte, ausrichten lässt, ihr verstorbener Gatte sei „neben Goethe auch ein großer Literat gewesen“. Doch wir sind schließlich nicht zum Spaß hier. Und damit so etwas nicht wieder vorkommt, beantragt Springer, dass künftig der Versammlungsleiter die Redezeit „angemessen begrenzen darf“. Wie aktionärsfeindlich! Und vor allem: Wie langweilig! STEFFEN GRIMBERG