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Archiv-Artikel

Untreue Bayer-Chefs?

Vorstand soll illegale Preisabsprachen gebilligt haben. Konzernkritiker wollen Strafanzeige stellen

BERLIN taz ■ Auf der heutigen Bayer-Hauptversammlung in Köln will die konzernkritische Initiative „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG) Strafanzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning sowie gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Schneider einreichen. Der Vorwurf: Veruntreuung. Die Manager sollen die Beteiligung des Unternehmens an illegalen Preisabsprachen geduldet oder gar angeordnet haben.

So musste der Leverkusener Chemiekonzern 2005 in den USA aufgrund laufender Kartellverfahren 275 Millionen Euro zurückstellen. Wegen Preisabsprachen bei Gummi-Chemikalien verhängte zudem die EU-Kommission eine Strafe von 58,9 Millionen Euro. Kartellabsprachen bei Gummi und Kunststoff-Vorprodukten führten bereits im Geschäftsjahr 2004 zu Strafzahlungen im dreistelligen Millionenbereich.

Bei dem Ausmaß und der Regelmäßigkeit der Verstöße hält es die CBG für unwahrscheinlich, dass es sich um „Ausrutscher“ handelt. In der Strafanzeige, die der taz vorab vorlag, werden die Vorgänge vielmehr als „systematische Geschäftspolitik“ bezeichnet. Es sei undenkbar, dass Entscheidungen in dieser Größenordnung ohne Wissen des Vorstands getroffen würden. „Die Verantwortlichen müssen persönlich in Haftung genommen werden“, verlangt CBG-Sprecher Philipp Mimkes. Nur wenn ihnen bei solchen Millionen-Betrügereien auch Gefängnisstrafen drohen, könne ein abschreckender Effekt erzielt werden.

Da die Praxis vom Vorstand offensichtlich gedeckt werde, befürchtet die CBG, „dass die Mehrzahl dieser kriminellen Handlungen unentdeckt bleibt“ – auf Kosten der Verbraucher. Darüber hinaus würden die verbotenen Preisabsprachen das Vermögen der Aktiengesellschaft gefährden – und erfüllten damit den Tatbestand der Veruntreuung.

Der vor der Übernahme des Berliner Konkurrenten Schering stehende Chemie- und Pharmakonzern Bayer erzielte im ersten Quartal ein Rekordergebnis. Der Umsatz stieg um gut zwölf Prozent auf 7,5 Milliarden Euro. Unter dem Strich verbuchte das Unternehmen einen Überschuss von 600 Millionen Euro – nach 652 Millionen im Vorjahreszeitraum. BENJAMIN WÜNSCH