: Linke will BND-Akten über Adolf Eichmann öffnen
DRITTES REICH Bundestag diskutiert, ob Geheimpapiere über NS-Verbrecher veröffentlicht werden müssen
Linke-Abgeordneter Jan Korte
FREIBURG taz | Die Linke fordert die Offenlegung aller Akten des Bundesnachrichtendienstes (BND) zum Fall Adolf Eichmann. Die Akten sollen vom Bundeskanzleramt nicht länger gesperrt werden. Ein entsprechender Antrag wird am Donnerstag im Bundestag erstmals gefasst.
Adolf Eichmann war technischer Organisator der Juden-Deportation im Dritten Reich. Von 1950 bis 1960 lebte er unter falschem Namen in Argentinien, wo er für Mercedes-Benz arbeitete. 1960 wurde Eichmann in Israel der Prozess gemacht, später wurde er dort hingerichtet.
Die Journalistin und frühere taz-Korrespondentin Gaby Weber beschäftigt sich schon seit Jahren mit den Machenschaften von Mercedes-Benz Argentina. Unter anderem wollte sie genau wissen, wer Eichmann in Argentinien gedeckt hat und wie er genau von dort nach Israel kam.
Aus inzwischen veröffentlichten CIA-Quellen erfuhr sie, dass der Bundesnachrichtendienst über ausführliche Unterlagen zu Eichmanns Verbleib nach 1945 verfügte. Der Dienst räumte ihr gegenüber auch die Existenz von über 3.000 Seiten einschlägiger Dokumente ein, erklärte diese aber für geheim. Später wurden die Akten vom Kanzleramt pauschal gesperrt. Die Veröffentlichung gefährde das Wohl des Bundes, weil dabei Informanten enttarnt und das Vertrauen ausländischer Nachrichtendienste gefährdet würden, lautete die Begründung.
Auf Klage Webers hat das Bundesverwaltungsgericht die Unterlagen geprüft und die pauschale Sperrerklärung letzte Woche für rechtswidrig erklärt. Eine Sperrung von Eichmann-Akten müsse besser begründet werden und könne sich allenfalls auf einzelne konkrete Dokumente beziehen.
Die Linke im Bundestag griff das Thema sofort auf und stellte den Antrag, alle BND-Akten mit NS-Bezug für wissenschaftliche Zwecke offenzulegen. So sollen auch personelle Kontinuitäten überprüft werden können, die zu einer eventuellen Deckung Eichmanns geführt haben. „Es ist beschämend, dass die Regierung hier immer noch mauert“, so der Abgeordnete Jan Korte, „offensichtlich befürchtet sie unangenehme Erkenntnisse über die damalige Rolle des BND.“
CHRISTIAN RATH