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Archiv-Artikel

Ein teures Spiel um die Macht

FOLGEN Ökonomen schätzen die Kosten der 16-tägigen Haushaltsblockade für die USA auf 24 Milliarden Dollar – und sie dürften weiter steigen

WASHINGTON taz | Vordergründig ging es ums Sparen. Tatsächlich jedoch hat das amerikanische Roulette, das die republikanische Partei in den zurückliegenden 16 Tagen gespielt hat, die USA ein kleines Vermögen gekostet: Nach vorläufigen Schätzungen der Kredit-Ratingagentur Standard & Poor’s belaufen sich die Kosten auf 24 Milliarden Dollar.

Das entspricht rund 0,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im vierten Quartal dieses Jahres. Dabei sind die sozialen Härten infolge des „Shutdown“ noch gar nicht mitgerechnet: Tausende von Beschäftigten der US-Regierung und ihrer Vertragsunternehmen konnten aufgrund ausbleibender Lohnschecks ihre Mieten und Kredite nicht zahlen. Sie riskieren nun Obdachlosigkeit und Strafgebühren.

In South Dakota hat sich während des Shutdown ein besonderes Drama abgespielt. Ein unerwartet früher Schneesturm ließ dort Anfang Oktober knapp 100.000 Rinder verenden. Da sowohl das Landwirtschaftsministerium als auch der Katastrophenschutz lahmgelegt waren, warten die Rancher bis heute auf Regierungshilfe. Landesweit haben während des Shutdown fast keine Umwelt-, Lebensmittel-, Medikamentenkontrollen und Arbeitsinspektionen stattgefunden. Die Krebsforschung und die Behandlung von schwerkranken Patienten wurde vielerorts auf ein Minimum zurückgeschraubt. Die Nasa unterbrach ihre Weltraumforschung.

Und in der Antarktis musste die National Science Foundation ihre Untersuchungen über die Klimaveränderung in dem kurzen antarktischen Frühling einstellen. Hunderte von Forschern blieben zu Hause. Regierungsstellen quer durch das Land hatten schon im September ihre normale Arbeit eingestellt und stattdessen Szenarien für eine damals erst drohende Lähmung des öffentlichen Lebens entwickelt. In den kommenden Tagen müssen nun landesweit große Apparate wieder in Bewegung gesetzt werden: Gesperrte Parks, Museen, Straßen und Wanderwege müssen kontrolliert und gesichert werden, bevor sie wieder geöffnet werden. In den Sozialbehörden haben sich in den zurückliegenden 16 Tagen Millionen von Anträgen aufgehäuft. Wer in seinem Zwangsurlaub Arbeitslosengeld bekam, muss das nun zurückzahlen. Und alle Regierungsbeschäftigten, die im Zwangsurlaub waren, sollen – allerdings bislang ohne Termin – demnächst Lohnnachzahlungen bekommen. Das haben sowohl Demokraten als auch Republikaner schon zu Beginn des Shutdown entschieden.

Die Blockadepolitik der Republikaner, die seit dem Amtsantritt von Barack Obama verhindert, dass ein ordentlicher Haushalt zustande kommt, vernichtet auch Arbeitsplätze. Der demokratische Think Tank „Center of American Progress“ schätzt, dass der Blockadepolitik in fünf Jahren insgesamt 900.000 Arbeitsplätze zum Opfer fielen.

Standard & Poor’s vermutet, dass die Kosten des Shutdown noch weiter steigen. Schon droht die nächste Krise: am 15. Januar. Die Amerikaner – besonders die Regierungsangestellten – dürften daher kein großes Vertrauen in ihre eigene Zahlungsfähigkeit haben. DOROTHEA HAHN