: Bleiberecht außer Sichtweite
Morgen beginnt die Innenministerkonferenz: NRW-Minister Wolf wird keine erleichterte Einbürgerung vorschlagen. „Es fehlt eine breite Bewegung für Flüchtlinge“, so Menschenrechtler
VON NATALIE WIESMANN
Die Situation der geduldeten Flüchtlinge steht morgen auf der Tagesordnung der Innenministerkonferenz der Länder (IMK) in Garmisch-Partenkirchen. Auf ein Bleiberecht müssen die von Abschiebung bedrohten Menschen in NRW aber wohl noch lange warten. Denn niemand rechnet ernsthaft mit einer Einigung.
Der Entwurf des nordrhein-westfälischen Innenministers Ingo Wolf (FDP) für ein mögliches Bleiberecht wurde auf der vergangenen Konferenz im Herbst abgeschmettert. „Wir werden keinen neuen Antrag einbringen“, sagt seine Sprecherin Dagmar Pelzer.
Denn Unions-geführte Länder wie Sachsen und Bayern lehnen ein generelles Bleiberecht ab. Eine solche Regelung müsste aber einstimmig beschlossen werden. Stattdessen soll jetzt eine Arbeitsgruppe der IMK das Zuwanderungsgesetz nach unerschöpften Möglichkeiten durchforsten – um den Aufenthaltsstatus von integrierten Flüchtlingsfamilien zu verbessern. „Wenn überhaupt, werden morgen Zwischenergebnisse dieser Evaluation präsentiert“, vermutet Rita Schillings vom Flüchtlingsrat Leverkusen. Das bestätigt auch das NRW-Innenministerium.
Dabei war Wolfs Entwurf alles andere als großzügig: Ein Bleiberecht sollte bekommen, wer seit sechs Jahren hier lebt, die deutsche Sprache beherrscht sowie seinen Lebensunterhalt selbst verdient – und seit zwei Jahren ohne Unterbrechung in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht. Gerade der letzte Punkt wurde von Flüchtlingsorganisationen als zu strikt eingestuft, höchstens 1.000 von 65.000 Flüchtlingen in NRW könnten so von einer solchen Regelung profitieren. „In manchen Kommunen dürfen Geduldete gar nicht arbeiten“, kritisierte etwa der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Peter Biesenbach, in einem taz-Interview den Entwurf.
Auch das gesellschaftliche Engagement für ein Bleiberecht wächst. In der vergangenen Woche fand dazu ein bundesweiter Aktionstag statt, an der sich Flüchtlingsorganisationen aus NRW beteiligten. Ein Netzwerk aus dem Münsterland hat im Vorfeld der IMK 4.000 Unterschriften gesammelt, in Essen und Duisburg wird ebenfalls mobilisiert.
„Die Aktionen bleiben aber sehr auf den Einzelfall reduziert“, sagt Iris Biesewinkel, Sozialarbeiterin bei der Kölner Roma-Initiative Rom e.V. und aktiv bei „Kein Mensch ist illegal“. Eine breit getragene Bürgerbewegung wie in Frankreich oder den USA gebe es in Deutschland nicht, bedauert auch Schillings vom Leverkusener Flüchtlingsrat: „Leider fühlt sich die Gesellschaft hier nicht verantwortlich“, sagt sie.