Liebe zu Hamstern und Affen

Seit 1998 forscht der Neurobiologe Andreas Kreiter am Hirn von Makaken – und handelte sich damit auch die Kritik von Studierenden ein. Gestern öffnete er sein Labor für eine Delegation des AStA

„I love my Hamster“ hat sich ein Mitarbeiter des Affenforschers Andreas Kreiter, offenbar ein Liebhaber kleinerer Nagetiere, auf sein Auto geklebt. Normalerweise eine etwas alberne Belanglosigkeit, wirkt die tierfreundliche Botschaft auf dem Parkplatz des Bremer Instituts für Hirnforschung befremdlich.

Denn im Inneren des mit etlichen Kameras überwachten Gebäudes am Hochschulring werden Experimente an Makaken-Affen durchgeführt, die an der Universität umstritten sind. Nachdem die Kommunikation zwischen den Studierenden und den Hirnforschern lange Jahre hauptsächlich darin bestand, dass die ASten wie die Tierschützer mit Flugblättern gegen den Experimentator mobil machten, entschloss sich Kreiter nun, einer Delegation des AStA nähere Einblicke zu gewähren.

Als die Studierenden den Institutsflur betreten, wird gerade ein „Primatenstuhl“ mit einem darin fixierten Affen an ihnen vorbeigeschoben – auf dem Kopf ein weißliches Etwas, dass ihnen später als „Kopfplatte“ erklärt wird. „Ich krieg zuviel“, meint ein Student. Es ist kein schöner Anblick.

Die Studierenden dürfen dann den Ort betreten, der Kritikern meist verschlossen bleibt. In den Versuchsräumen sitzen Laboranten und beobachten über Monitore die Affen im Nebenzimmer, wie sie ihrerseits Muster auf Bildschirmen erkennen sollen. Zwei der Affen sind vor ihren Bildschirmen eingeschlafen, ein dritter ist noch in der Trainingsphase und widmet dem Monitor kaum Aufmerksamkeit.

„Wir bauen zu den Tieren eine freundschaftliche Beziehung auf“, erzählt Kreiter. Nur mit kooperativen Tieren könne man überhaupt arbeiten. Dies sehe man schon daran, dass die Tiere morgens vollkommen freiwilig in ihren Stuhl kletterten, um sich in den Versuchsraum fahren zu lassen. In der Vorbereitung der Versuche werden sie allerdings so lange ohne Flüssigkeit gehalten, bis sie die Versuchsanforderungen erfüllen.

1.000 Mal pro Tag müssen die Affen einen Hebel betätigen, sobald sie Muster auf Bildschirmen erkennen. Da sie dabei zwischendurch immer einschlafen, dauert das mehrere Stunden. Wenn sie alles richtig machen, bekommen sie Apfelsaft zur Belohung. „Arbeiten“ nennt Kreiter das.

Zu Messzwecken sind dünne Elektroden durch ein Loch in der Schädeldecke ins Gehirn gestochen. Die Prozedur sei zum einen völlig schmerzfrei, versichert Kreiter den Studierenden, zum anderen richte es nur „unwesentliche“ Schäden im Gehirn an. Nach fünf bis acht Jahren werden die Affen eingeschläfert, um weitere Untersuchungen im Gehirn durchführen zu können.

Eigenen Nachschub produziert das Bremer Institut nicht, erklärt Kreiter. Aus „verhaltensökologischen Gründen“ würden ausschließlich männliche Tieren gehalten. Neue Makaken bestellt das Institut zum Preis von 5.000 Euro beim Deutschen Primatenzentrum in Göttingen.

Warum er den Tieren Experimente zumute, die er an Menschen nicht durchführen würde, wollen einige der Studierenden wissen. „Ich glaube nicht, dass ich hierbei aus dem gesellschaftlichen Rahmen falle“, sagt Kreiter, und verweist auf massenhafte Tiertötungen zum Zwecke der Schädlingsbekämpfung oder Nahrungsmittelgewinnung. Die Studierenden mögen ihm an diesem Punkt nicht recht folgen. „Natürlich wird hier mit zweierlei Maß gemessen“, räumt später eine Studentin ein, „aber er macht das hier, vor unserer Nase. Und irgendwo muss man ja ansetzen.“ cja