Zwischenstation Gitschiner Straße

BLEIBE Nach ihrem Hungerstreik erholen sich die Flüchtlinge in Kreuzberg – zusammen mit Obdachlosen

Elsa Mesfen sitzt in der Küche, das Radio läuft. Vor ihr auf dem Tisch liegen Kartoffeln, Linsen und Säcke mit Zwiebeln, gerade wird das Mittagessen gekocht. Mesfen isst wieder. „Aber ich muss vorsichtig sein“, sagt die 28 Jahre alte Äthiopierin. Ihr Körper ist noch geschwächt vom Hungerstreik, nach den bisherigen Mahlzeiten hatte sie Bauchschmerzen.

Seit die Flüchtlinge am Samstag ihren Hunger- und Durststreik am Brandenburger Tor beendet haben, schlafen sie in einer kirchlichen Obdachloseneinrichtung in der Gitschiner Straße in Kreuzberg. Sie haben ein Dach über dem Kopf, können duschen und kochen. Sonst machen Obdachlose in diesen Räumen Kunst und sitzen im Café zusammen, um sich auszuruhen. Nun leben im Meditationsraum und im Kunstatelier knapp 30 Flüchtlinge auf Sofas und Matratzenlagern.

Im Hinterhof sitzen am Dienstag rund 15 Obdachlose und die Flüchtlinge in der Herbstsonne, zusammen und doch getrennt. Das normale Programm im Obdachlosenzentrum kann wegen der neuen Bewohner nicht stattfinden. Protest von den Stammgästen gibt es dennoch nicht. Theodoros Chatzilios ist einer der Obdachlosen, die täglich in die Gitschiner Straße kommen. Er ist schwer zu verstehen und nuschelt durch seine wenigen verbliebenen Zähne: „Meinetwegen können die so lang bleiben, wie sie wollen.“

Doch die Flüchtlinge wollen möglichst schnell weg. „Wir brauchen mehr Platz, um zu planen wie unser Kampf weitergeht“, sagt Akili Sawa. Deshalb freuen sie sich, wenn sie das Haus ab 17 Uhr für sich haben.

Bis spätestens Januar sollen die Asylanträge der Flüchtlinge vom Brandenburger Tor bearbeitet sein. Wenn nicht, wollen sie den Hungerstreik wieder aufnehmen. „Aber wir brauchen schon vorher eine andere Unterkunft“, sagt Sawa, weil es in der Obdachlosenunterkunft auf Dauer zu eng ist. In ihre bayerischen Asylbewerberheime wollen sie nicht zurück.

Die Flüchtlinge vom Brandenburger Tor sind nicht die einzigen Flüchtlinge, die derzeit nach einer Unterkunft suchen – auch die Flüchtlinge am Oranienplatz wollen eine feste Bleibe. Ob und wo sie diese bekommen, ist jedoch noch immer unklar.

Akili Sawa ist trotzdem optimistisch, was die Asylanträge und eine feste Unterkunft betrifft: „Wir haben mit wichtigen Menschen gesprochen“, sagt er und verabschiedet sich: „Ich muss jetzt Wasser trinken.“ KERSTEN AUGUSTIN