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Archiv-Artikel

Kardinal fordert Ende des Dialogs mit Peking

Hongkongs Kardinal ist verärgert über Pekings Ernennung von Bischöfen. Annäherung mit Vatikan gefährdet

BERLIN taz ■ Die für heute angekündigte Weihe eines zweiten chinesischen Bischofs innerhalb weniger Tage ohne Einverständnis des Vatikans hat bei Hongkongs Kardinal Joseph Zen scharfen Protest ausgelöst. Der im März von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal beförderte Bischof der einstigen britischen Kolonie fordert von Rom, den Dialog mit Peking abzubrechen. „Er kann nicht fortgesetzt werden, weil die Menschen sonst denken, wir sind bereit zu kapitulieren“, sagte Zen der Hongkonger South China Morning Post. „Wir können nicht nachgeben. Wenn man brutal solch eine vollendete Tatsache schafft, wie kann man da von Dialog reden? Dies widerspricht total dem Geist von Dialog.“

Der 74-jährige Zen ist der einzige chinesische Kardinal. In den letzten Monaten hat er starkes Interesse an einer Annäherung mit dem Vatikan gezeigt und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, die 1951 abgebrochen wurden, bereits für 2008 möglich gehalten.

Peking stört sich seit der Revolution daran, dass chinesische Bischöfe vom Vatikan ernannt werden. Deshalb erkennt Chinas Regierung die vatikantreuen Katholiken nicht an, sondern nur solche, die einer regimenahen Patriotischen Vereinigung angehören. Letztere hat nach Angaben Pekings vier Millionen Mitglieder. Laut Rom zählen zehn Millionen Katholiken zur vatikantreuen Untergrundkirche. Der Vatikan unterhält keine Beziehungen mit Peking, sondern erkennt als einziger Staat Europas Taiwan an, was er aber aufzugeben bereit ist.

In der Praxis arbeiten Chinas peking- und vatikantreue Katholiken stellenweise zusammen. So gibt es Bischöfe und Priester, die den Segen beider Seiten haben. In den letzten Monaten deutete sich auch ein Kompromiss an, dass beide gemeinsam Bischöfe auswählen könnten.

Zuletzt hatte Peking im Jahr 2000 fünf Bischöfe ohne Rücksprache mit dem Vatikan geweiht. Damit begann eine fünfjährige Eiszeit in den Beziehungen. Doch der neue Papst Benedikt XVI. signalisierte vergangenes Jahr, dass er großes Interesse an einer Normalisierung der Beziehungen hat. Denn im bevölkerungsreichsten Land der Welt suchen viele Menschen spirituellen Halt und die Kirchen haben Konjunktur.

Dass Pekings Patriotische Vereinigung in Kunming, Hauptstadt der Provinz Yunnan, am vergangenen Sonntag den Kirchenfunktionär Ma Yinglin zum Bischof weihte, war für die Anhänger Roms eine Provokation. Der Vatikan hatte um eine Verschiebung gebeten, um Mas Qualifikation überprüfen zu können, der auch Mitglied des Volkskongresses ist. Doch Peking sprach von Einmischung in innere Angelegenheiten und kündigte für heute noch die Weihe des Priesters Liu Xinhongs in Wuhu, Provinz Anhui an. Der hatte im Februar den Bischofsposten noch abgelehnt, nachdem der Vatikan Bedenken angemeldet hatte.

Kardinal Zen sieht die Patriotische Vereinigung hinter den Bischofsweihen. Diese habe aus Angst vor einem Machtverlust kein Interesse an einer Annäherung zwischen Peking und dem Vatikan. Zen warf der Patriotischen Vereinigung „Druck, Drohungen und wie es scheint Täuschung“ vor und kündigte eine scharfe Reaktion des Vatikans an. Andere Beobachter halten Pekings Verhalten für Taktik, um weitergehende Forderungen des Vatikans abzublocken.

Zen äußerte sich bereits früher kritisch über die Regierung in Peking. Umgekehrt bezeichnete die Patriotische Vereinigung seine Ernennung zum Kardinal als Versuch des Vatikans, die kommunistische Regierung zu unterminieren. SVEN HANSEN