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ESTHER SLEVOGT
Die große Stadt Berlin ist natürlich selbst eine große Bühne. Hier spielen sich die wirklichen Dramen des Lebens ab. Kein Wunder also, dass auch die Dramatiker immer wieder ausschwärmen, um ihre Stoffe aus dem prallen Leben zu schöpfen. Lothar Trolle ist so einer, der aus dem Stadtleben Themen und Motive für seine Texte destilliert, wo sie mythologisch verfremdet märchenhaft aufbereitet werden. Das neueste Werk kommt nun, von Sascha Bunge inszeniert, im Theater an der Parkaue heraus. Da kann man dann ein paar ebenso alltäglichen wie erstaunlichen Figuren begegnen: zum Beispiel einer tanzwütigen Mutter, deren Kinder sich eines Tages in Ratten verwandeln. Auch eine Drehtür im Lichtenberger Ringcenter kommt vor. Es ist das vierte Stück, das Lothar Trolle für die Parkaue schrieb. (Theater an der Parkaue: „Sie leben noch! Sie leben! Sie leben noch immer! Ein Berliner Märchen.“ 24. & 26. 10., jeweils 19 Uhr)
Dann steht in dieser Woche eine weitere Reprise eines berühmten Avantgardewerkes auf dem Plan: „Le Sacre du Printemps“ von Igor Strawinski. Die Choreografin Sasha Waltz hat das berühmte Werk mit Hector Berlioz’ „Scène d’Amour“ und Claude Debussys „L’Après Midi d’un Faune“ zu einem Tanzabend verschmolzen, der die Funktion von Ritualen für die physische und metaphysische Organisation des Leben untersucht und am Samstag (von Daniel Barenboim dirigiert) an der Staatsoper seine Premiere feiert. (Staatsoper im Schiller Theater: „Sacre“, 26. 10. & 2. 11., 19.30 Uhr).
Auf der Schattenseite leben die vier Kinder der in Amsterdam lebenden und arbeitenden ungarischen Theatermacherin Edit Kaldor. In ihrer neuen Arbeit werden sie das Publikum mit den Misshandlungen konfrontieren, denen sie ausgesetzt gewesen sind. „Woe“ heißt die Arbeit und es soll darin, so das HAU, (wo die Arbeit ab 25.10. zu sehen ist), auch darum gehen, Schmerzgrenzen des Publikums auszutesten. (HAU3: „Woe“, 25. & 26.10, jeweils 20 Uhr, 27.10., 17 Uhr).
Schlecht ist es auch den Kindern ergangen, die 1999 von ihren Eltern in einem Hotelzimmer in der belgischen Stadt Aalst ermordet wurden. „Wir wollten nur das Beste für sie“, werden ihre Eltern später den Richtern sagen. Das Beste, jawohl! „Infame Perspektiven“ ist ein Symposion des Instituts für Künstlerische Forschung überschrieben, das sich mit der Untersuchung extremer (Täter)perspektiven befasst. Höhepunkt die Aufführung des Stückes „Aalst“, das Einfühlung in die Perspektiven der mordenden Eltern verspricht. (Sophiensäle: „Infame Perspektiven“, 25.-27. Oktober von 10 – 20 Uhr).