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Archiv-Artikel

Haarschnitt gegen Webdesign

ALTERNATIVEN Regionales Handeln und Tauschen geht auch ohne Euro

BERLIN taz | Lokale Wirtschaft stärken, Ressourcen schonen, gegenseitig von Kenntnissen profitieren – es gibt verschiedenste Motivationen, um klassischen Währungen den Rücken zu kehren. Zum Teil kommt dabei auch Papiergeld heraus. „Wenn wir uns alle einig sind, dass Papierzettel einen Wert darstellen, ist das plötzlich echtes Geld“, sagt Raul Rojas, Professor für Künstliche Intelligenz an der Freien Universität Berlin.

Zum Beispiel Regionalwährungen, wie der Rheingold aus der Region Düsseldorf oder der Chiemgauer aus der gleichnamigen Region in Bayern. Die Idee dahinter: Das Geld soll in der Region ausgegeben werden und so die lokale Wirtschaft unterstützen. Dazu gehört mitunter, dass die Scheine ein Ablaufdatum bekommen. Das soll verhindern, dass Verbraucher das Geld zu Hause sammeln, statt es auszugeben.

Doch im Unterschied zur digitalen Währung Bitcoin, die losgelöst von Bank und Staat funktioniert, sind die Regionalwährungen an den Euro gekoppelt. Die Risiken für den Verbraucher bleiben damit überschaubar. Für Unternehmen sind Regionalwährungen vor allem wegen der Kundenbindung attraktiv. Der Rheingold erlaubt sogar Werbung auf der Rückseite des Geldscheines.

Zeit ist Geld – dieses Motto gilt bei Initiativen, bei denen Mitglieder Dienstleistungen anbieten können, wie etwa der spanischen Comunitats. Dahinter steckt eine Zeitbank: Mitglieder bieten eine Dienstleistung an und werden mit Zeiteinheiten bezahlt. Diese können sie wiederum einlösen. Webdesign gegen Hilfe bei der Fahrradreparatur, Haareschneiden gegen Gartenarbeit. Die Netzwerke funktionieren häufig regional, eine Art Nachbarschaftshilfe mit Konto. Während teilweise die Zeiteinheit als Maßstab gilt, weisen andere Netzwerke darauf hin, dass Nutzer die Werte je nach Dienstleistung frei verhandeln können. Eine Stunde Gartenarbeit kann also mehr Punkte auf dem Konto bringen als eine Stunde Babysitten – oder umgekehrt.

Ganz ähnlich funktioniert es bei Kleidertauschpartys in größerem Stil: Wer teilnimmt, bekommt Gutschriften für das, was er mitgebracht hat, und kann die gegen gebrauchte Kleidung von anderen Besuchern eintauschen. Das soll verhindern, dass jemand mit einem T-Shirt rein- und mit einem Sortiment an Winterkleidung wieder rausgeht. Die Macher von Seiten wie unserkleiderschrank.de haben das Konzept auf ein Onlineangebot übertragen, hier führen die Nutzer ein Knopfkonto. SVENJA BERGT