: Karl Otto und seine Enkel
Beim Streit, ob die Minderheitenpartei SSW von der Fünf-Prozent-Klausel befreit bleiben könne, argumentierte der Anwalt der Jungen Union vor dem Landesverfassungsgericht, dass es eigentlich gar keine dänische Minderheit in Schleswig-Holstein mehr gebe.
Jetzt kommt ein Vertreter eben dieser Minderheit mit einer ähnlich kruden Idee um die Ecke: Er träume davon, die Grenze an die Eider zu verlegen und damit die Kreise Nordfriesland, Rendsburg-Eckernförde und Schleswig-Flensburg dem dänischen Königreich zuzuschlagen, sagte der dänischen Zeitung Graensen ausgerechnet Karl Otto Meyer, ein Urgestein des SSW. Das Verfahren dazu könnte eine neue Abstimmung sein – die heutige Grenze wurde 1920 per Votum festgelegt. Nun könnten die Dänen sich durchsetzen, philosophierte der 85-Jährige: Schließlich habe er zwölf Enkel und 19 Urenkel, das sind ja schon eine Menge Stimmen. Allerdings hat die Generation der Enkel und Urenkel kein Interesse daran, Grenzen zu verschieben.
Die Idee, den Danebrog wieder über „Südschleswig“ zu hissen, stammt aus der Frühzeit des SSW, der nach dem Krieg als Vertretung der Dänen in Schleswig-Holstein gegründet wurde. Aber bereits in den 50er-Jahren gab die Partei dieses Ziel auf. Besonders Karl Otto Meyer, der 1971 in den Landtag gewählt wurde und ihm bis 1996 angehörte, weitete das inhaltliche Spektrum der Partei von reiner Minderheiten- auf allgemeine Landespolitik.
Der Lehrer und Journalist – er war Chefredakteur der Flensborg Avis – vertrat den SSW als Einzelkämpfer. Er blieb auch unerschütterlich und neutral, als seine Stimme nach der Landtagswahl 1987 die entscheidende im Patt zwischen Björn Engholms SPD und Uwe Barschels CDU war.
Geboren wurde Meyer in Sünderup. Als Wehrmachtssoldat desertierte er nach Dänemark und schloss sich dem Widerstand an. Nach dem Krieg machte er in Dänemark eine Lehrer-Ausbildung und arbeitete an dänischen Schulen in Deutschland. Heute lebt er in Schafflund, sein Sohn Flemming führt den SSW. EST