DAS DING, DAS KOMMT
: Video didn’t kill the radio

Das Radio: im Museum, aber nicht von gestern

Was ein Gebissradio ist? Ein Radio mit großen weißen Tasten, die wie Zähne nebeneinander liegen. Die gibt es schon lange nicht mehr, die stammen sämtlich aus den 1950er-Jahren. Aber die Institution Radio existiert noch, aller Umbrüche in der Medienlandschaft zum Trotz. Überzeugendster Beweis: der Hörspielpreis der Kriegsblinden, bis heute begehrt und renommiert. Denn das Hörspiel ist Kunstform, die die Fantasie stärker anregt als das Bild.

90 Jahre ist es jetzt her, dass in Deutschland die erste Radiosendung lief, am 28. Oktober 1923. Dies – und die Tatsache, dass es in der Region zwei plietsche Sammler gibt – hat sich das Lübecker Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk zunutze gemacht, um eine Jubiläumsschau zu konzipieren: „Radios von gestern – 90 Jahre deutscher Rundfunk“. Aus über 100 Stücken des Sammlers Jan Peter Brömme aus dem schleswig-holsteinischen Zarpen konnte man da wählen. Das älteste: ein Telefunken-Radio von 1929.

Damals allerdings waren die Geräte so teuer, dass sie sich kaum jemand leisten konnte. Nicht ganz uneigennützig also, dass die Nazis 1933 den Volksempfänger zum halben Preis auf den Markt brachten, um ihre Propaganda in allen Bevölkerungsschichten zu verbreiten.

Später kamen UKW-Empfänger, Transistoren, Stereoanlagen, Kassettenrekorder. Aber da beginnt schon wieder eine andere Geschichte – die man sich lieber im Radio vorlesen lassen sollte. Dessen Klang nämlich, sagt Sammler Jan Peter Brömme, empfindet das menschliche Ohr als sehr angenehm – vor allem, wenn er von Röhrengeräten stammt, die derzeit wieder in Mode kommen. Deren Sound sei nämlich besonders oberwellenreich.  PS

■ 27. 10. bis 23. Februar 2014, Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk