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Archiv-Artikel

Bergbau spaltet Grönland

ATOM Auf der größten Insel der Erde darf wieder Uran gewonnen werden. Die Regierung verspricht dafür Wohlstand und Unabhängigkeit von Dänemark, Kritiker sprechen von einem Ausverkauf des Landes

STOCKHOLM taz | In Grönland darf nach 25 Jahren Verbot wieder Uran abgebaut werden. Das entschied das grönländische Parlament mit nur einer Stimme Mehrheit. Damit ist der Weg frei für die Etablierung von Uran-Gruben und anderen Bergbauprojekten, bei denen Uran als Nebenprodukt anfällt.

Am gleichen Tag gab die grönländische Bergbaubehörde außerdem grünes Licht für eine riesige Eisenerzgrube, das bislang größte Wirtschaftsprojekt des Landes. Grönland ist reich an Bodenschätzen, die angesichts der schmelzenden Eisdecke leichter zugänglich werden. Sie gelten als Voraussetzung für eine Unabhängigkeit der Arktisinsel von Dänemark. Doch in welchem Tempo und unter welchen Bedingungen man mit diesem potenziellen Reichtum umgehen soll, darüber sind PolitikerInnen und Bevölkerung tief gespalten: Am Vorabend des Parlamentsbeschlusses bekundeten rund 400 DemonstrantInnen in der 16.000-Einwohner-Hauptstadt Nuuk ihr „Naamik!“ (Nein!) zu den Uranplänen. Kurze Zeit später versammelten sich fast ebenso viele Ja-DemonstrantInnen.

Die Nein-Seite wirft der Regierung und der Parlamentsmehrheit undemokratisches Verhalten vor. Sie habe kein Mandat, eine für das Land derart schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Das Thema Uranabbau sei nicht ausdiskutiert, es müsse eine Volksabstimmung geben.

Während die BefürworterInnen die Gegenseite beschuldigen, sie versuche mit einer Angstpropaganda die Zukunft des Landes zu sabotieren. Die Grubenlobby setzt sich seit Jahren für eine Aufhebung des Uranverbots ein, weil es die meisten Grubenprojekte stoppe: Uran fällt bei fast jedem Erzabbau auf Grönland als Nebenprodukt an – so auch bei den Vorkommen an Seltenen Erden im Süden der Insel.

Sie sei wegen der Spaltung im Land besorgt, erklärte die sozialdemokratische Regierungschefin Aleqa Hammond, die bei ihrem Regierungsantritt im Frühjahr wegen der damit verbundenen Risiken alle neuen Offshore-Ölbohraktivitäten erst einmal gestoppt hatte. Das Grubenrisiko halte man für beherrschbar. Man habe den jetzigen Beschluss gefasst, um das wirtschaftliche Potenzial des Landes zu stärken und damit etwas gegen eine andere gesellschaftliche Spaltung tun zu können: die zwischen Arm und Reich, sagt Hammond.

Grönland könne sich auch ohne Uranabbau wirtschaftlich entwickeln, meint dagegen Gitte Seeberg, Generalsekretärin der dänischen Sektion des WWF. Sie verweist auf die nun genehmigte große Eisenerzgrube 150 Kilometer nordöstlich von Nuuk. Allerdings werfe das Projekt, bei dem jährlich 15 Millionen Tonnen abgebaut werden sollen, ebenfalls große Umweltprobleme auf.

Kritisiert wird auch die Absicht des britischen Grubenunternehmens, aus Kostengründen Tausende chinesische Billigarbeitskräfte zu beschäftigen. Angesichts von Konzessionsabgaben von gerade mal einem Prozent für die ersten fünf und drei Prozent für die folgenden Jahre wird Nuuk von Gegnern des Projekts vorgeworfen, die Reichtümer des Landes zu verschleudern. REINHARD WOLFF