: Wer soll die Pauschale finanzieren?
VON KATJA SCHMIDT
Neue Steuersenkungen hat die Kanzlerin bereits gekippt. Heute nun dürfte es in der Regierungskommission Gesundheit um den finanziellen Spielraum für eine Kopfpauschale gehen. Denn das große Ziel von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hängt an etlichen Stellen vom Steuersystem ab.
Bereits in diesem Jahr fließen 15,6 Milliarden Euro an Steuermitteln in den Gesundheitsfonds. Das ist mehr Geld, als die schwarz-rote Gesundheitsreform jemals für einen Bundeszuschuss vorgesehen hatte. Doch selbst mit dieser Steuerspritze können die Krankenkassen ihre Ausgaben nicht voll aus dem Fonds decken. Nach offizieller Prognose fehlen 3,1 Milliarden Euro – und die geplanten Arzneirabatte sind dabei bereits eingerechnet.
Was genau aus dem Bundeszuschuss werden soll, wenn es zu einer größeren oder kleineren Kopfpauschale käme, ist unklar. Nach allen Prognosen werden aber die Ausgaben der Kassen im kommenden Jahr weiter steigen. Damit erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit weiterer Zusatzbeiträge für die Versicherten. Tückisch dabei: Auch höhere Zusatzbeiträge kosten den Staat Steuereinnahmen.
Grund dafür ist das Bürgerentlastungsgesetz. Seit Anfang des Jahres können die Bürger ihre Ausgaben für einen Krankenversicherungsschutz auf Kassen-Niveau voll von der Steuer absetzen. Das gilt auch für die Zusatzbeiträge, die einige Kassen bereits erheben. Denn diese Beiträge sind nur eine Preiserhöhung. Es werden keine zusätzlichen Leistungen damit erkauft.
Ebenfalls voll von der Steuer absetzbar sind die Ausgaben für eine private Krankenversicherung (PKV) auf Kassen-Niveau. Steigen hier die Prämien, kostet das den Staat ebenfalls Geld. Gleich Anfang 2010 wurde das relevant. Die PKV kämpft seit Jahren mit heftig wachsenden Ausgaben. Zu Jahresbeginn ermittelte die Stiftung Warentest Prämienerhöhungen bei 27 Versicherungsgesellschaften. Von vielen Kunden wurde zwischen fünf und 15 Prozent mehr Geld verlangt, von manchen sogar über 20 Prozent mehr.
Bei der Verabschiedung des Bürgerentlastungsgesetzes hatte das Bundesfinanzministerium jährliche Steuereinbußen von rund 9,5 Milliarden Euro prognostiziert. Welche weiteren Verluste nun durch die Zusatzbeiträge und Prämienerhöhungen zustande kommen, ließ das Ministerium gestern offen. Nach Informationen der taz wurde aber bei der jüngsten Steuerschätzung mit zusätzlichen Einbußen von 2,9 Mrd. Euro in 2011 gerechnet.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) betont, eine Kopfpauschale mit Sozialausgleich über das Steuersystem sei gerechter als das jetzige System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Allerdings würde genau dieses Steuersystem auch dafür sorgen, dass Reichere, die mehr Steuern zahlen, auch mehr Geld zurückbekämen, wenn sie die Pauschale von der Steuer absetzen.