grüne perspektivenwerkstatt: Partei mit Zukunftsangst
Wo stehen die Grünen in 20, 30 Jahren, fragte die Einladung zum grünen „Zukunftskongress“ in Oberhausen. Die Frage sollte Zuversicht dokumentieren: Die bürgerlich gewandelte einstige Alternativpartei soll es auch in ein paar Jahrzehnten noch geben. Doch die lässig zur Schau gestellte Selbstsicherheit trügt: In Oberhausen präsentierte sich ein relativ stabiler Landesverband einer zutiefst verunsicherten Partei.
KOMMENTAR VON ANDREAS WYPUTTA
Denn wohin die grüne Reise geht, ist selbst vielen Parteimitgliedern nicht klar. Nach dem Machtverlust in Land und Bund sind die Realos in der Defensive, fordern die Linken eine neue Politik, weg vom „neoliberalen Mainstream“, hin zu urgünen Themen wie Anti-Atom, sozialem Ausgleich, ökonomischer Gerechtigkeit. Viel zu wenig diskutiert habe die Partei, viel zu sehr auf die Sprechblasen der Wahlkämfe gesetzt, klagt auch die Jugendorganisation der grünen Jugend. Allerdings können auch die Jungen Realos und Linke, die sich seit Jahrzehnten misstrauen, nicht versöhnen. Bemerkenswert vielmehr: Zumindest bei der grünen Jugend NRW dominieren linke Positionen, wird angesichts einer immer weit verbreiteten „Zukunftsangst“ ein starker Sozialstaat gefordert.
Hilflos wirkt dagegen der Realo-Flügel. Selbst Bundesparteichef Reinhard Bütikofer sieht die eigene Regierungsarbeit im Bund mittlerweile kritisch – und will doch daran anknüpfen. Aller Unzufriedenheit der Basis zum Trotz träumt er weiter von der Verbindung von Ökologie und Ökonomie, von den Grünen, die die FDP als Freiheitspartei ablösen sollen. Und wenn Bütikofer gar nichts mehr einfällt, warnt er eben vor einer deutschen Beteiligung an einem möglichen Iran-Krieg – Gerhard Schröder lässt grüßen. Wie der Ex-Kanzler träumt auch Bütikofer noch immer von neuen Wählerschichten, vernachlässigt aber das eigene Milieu. Zu neuer Stärke werden die Grünen so nicht finden. Die Grundsatzdebabtte der Bundesgrünen im September wird spannend.
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