: Feierndes Fürstenhaus
Verhalten bejubelt der FC Bayern München den 20. Titel der Vereinsgeschichte und die historische Tat, erstmals das Double verteidigt zu haben. Die internationale Enttäuschung wiegt immer noch schwer
VON OLIVER TRUST
Als die Männer in den roten Meister-T-Shirts aus dem Bus kletterten und sich leicht schwankend auf das „Champion-Ship“ begaben, war dann doch ein Hauch von Stolz und Freude spürbar, der sich unter den leichten Abendwind mischte. Am Ufer des Rheins standen die Anhänger der „Sterne des Südens“ und bejubelten den Deutschen Meister Bayern München als seien sie die herbeizitierte Abordnung für einen exotischen Staatsgast. Jetzt strahlten die Meisterkicker aus der bayrischen Landeshauptstadt und sprachen salbungsvolle Worte. „Großartig“ und „einzigartig“ hieß es da. „Die Mannschaft hat Geschichte geschrieben“, hauchte Oliver Kahn. Trainer Felix Magath sah etwas „Einmaliges“ geschafft, und Manager Uli Hoeneß meinte: „Als Magath kam, waren wir nicht Deutscher Meister. Jetzt hat er in zwei Jahren vier Titel gewonnen. Er kann nicht so viel falsch gemacht haben.“
Als erste Mannschaft in der Geschichte der Bundesliga hatten die Bayern das „Double“, also den Pokalsieg und die Meisterschaft, verteidigt. Und die Liga existiert immerhin schon seit 1963. Nun waren ausgelassene Jauchzer aus dem Bauch des fest vertäuten Schiffes zu hören, begleitet von bunten Lichtern gab ein Diskjockey tief im Innern alles, um die Stimmung nicht abebben zu lassen.
Im Fritz-Walter-Stadion oben am Betzenberg dagegen war zuvor allenfalls verhaltener Jubel zu den Rängen hinauf geklungen. Lauter fast die Erleichterung der Lauterer, nicht abgestiegen zu sein und nun vor einem „Endspiel“ um den Klassenerhalt beim VfL Wolfsburg am nächsten Wochenende zu stehen. Die Bayern bildeten eine Kette und jubelten mit ihren Fans. Man sang und tanzte. Über allem lag eine Wolke der Zurückhaltung. Der 1. FC Kaiserslautern hatte darum gebeten, auf Bierduschen zu verzichten. Die einen meinen, weil die Biermarke der Münchner eine andere sei, als die der Pfälzer. Glaubwürdiger klang jedoch die Version, dass man Ärger vermeiden wollte: Bierduschende Bayern bei einem gleichzeitigen Abstieg der Pfälzer, das sollte vermieden werden.
Aber nicht nur deshalb waren die Bayern weit entfernt von Stimmungshöhen, die in Stadien sonst zu erleben sind, in denen ein Meister gekürt wird. Es schien, als müssten sich die Gewinner selbst huldigen und mühevolle PR-Arbeit verrichten. „Wir haben einige Rekorde aufgestellt“, sagte Magath. 15 Siege in Folge zum Beispiel. Und Kahn meinte: „Wer sagt, der FC Bayern hätte heute eine Saison gerettet, die haben sie ja nicht mehr alle.“
Eines aber konnten alle Redner und Vortragende nicht herbei- oder wegreden. Die Erinnerungen an dies schmerzvolle Aus in der Champions League – dies 1:4 beim AC Mailand – kehrte als kleines Gespenst zurück, und kein Kommentar vermochte es nachhaltig zu verscheuchen. Er habe sich das Spiel noch einmal angeschaut und festgestellt, der FCB sei keinen Deut schlechter gewesen, sagte Magath. Er sehe nicht ein, warum aus „Bundesligaspielern keine Mannschaft zu formen“ sei, die sogar den Europapokal gewinnen könne. Immer und überall in dieser meisterlichen Nacht auf dem Rhein aber blieben die unerfüllten Sehnsüchte des deutschen Branchenprimus spürbar, der so gern zu den führenden Fußballfürstenhäusern Europas gehören würde.
Keiner wollte endgültig sagen, wer in der nächsten Spielzeit den Nachfolger von Michael Ballack geben darf, der zum FC Chelsea nach London wechselt. Roque Santa Cruz, den man noch nach dem 3:1 über Stuttgart am vergangenen Wochenende auserkoren hatte, verschwand in Kaiserslautern wie alle im grauen Mittelmaß. Er werde sich im Urlaub damit beschäftigen, wie das zu bewerkstelligen sei, verriet Magath der Festgesellschaft. „Wir lassen uns die Freude an dem Titel nicht nehmen“, sagte Hoeneß.
Am kommenden Samstag werden die Bayern dann vielleicht doch endlich richtig laut feiern, in ihrer Arena mit 70.000 Zuschauern und genug Champagner und Weißbier. „Wir hatten auf der Fahrt aus Kaiserslautern nach Köln irgendwie nicht genug dabei“, grinste Uli Hoeneß und schwankte dann doch leicht im Takt der Wellen.