: Smørrebrød smørrebrød – røm pøm pøm pøm
SKANDINAVISCHE KÜCHE Die Wikinger exportierten ihren Stockfisch bis nach Portugal. Heute punkten nordische Spitzenköche mit Moos
■ Munch’s Hus (Norwegisches Restaurant), Bülowstr. 66 (Schöneberg), www.munchshus.de, versorgt außerdem die Kantine der Nordischen Botschaften täglich mit nordischem Essen: Felleshus, Rauchstr.1, Tiergarten, www.nordischebotschaften.org
■ Schweden-Markt (schwedische Lebensmittel), Dickhardtstr. 60 (Friedenau), www.schweden-markt.de; hier können auch dänische Lebensmittel abgeholt werden, die man zuvor unter www.dansk-shop.de bestellt hat.
■ Schweden-Fisch (Fisch aus Schweden), Roonstr. 20 (Lichterfelde), www.schweden-fisch.de
■ Sweden-Shoppa (Schwedische Lebensmittel und Kunsthandwerk), Holsteinische Str. 19 (Wilmersdorf), www.sweden-shoppa.de
■ Scandi-Sweets (schwedische Süßigkeiten), Reichsstr. 84 (Charlottenburg), www.scandi-sweets.de
VON KRISTINA SIMONS
Die Deutschen lieben Skandinavien, gehen zu Ikea nicht nur zum Möbelkauf, sondern machen hier gleich noch einen kulinarischen Fang. Aber was essen die Schweden außer Köttbullar, die Dänen außer Smørrebrød und die Norweger außer Fiskeboller? Ganz einfach: Verspeist wird, was Seen und Meer, Wälder und Äcker hergeben: Elche und andere Wildtiere, Pilze und Beeren. Und natürlich Fisch und Meeresgetier in allen Varianten: Hering, Lachs, Forelle, Kabeljau, Hummer, Aal, Garnelen, Muscheln, Krebse – gesalzen, gebeizt, getrocknet, geräuchert, frisch gebraten oder gegrillt.
Die Norweger verspeisen pro Kopf im Jahr etwa 60 Kilo Fisch und damit drei- bis viermal so viel wie die Deutschen. Von einer „Spezialität“ lassen allerdings selbst viele hartgesottene Skandinavien-Fans lieber die Finger. Surströmming nennt sich dieses Nationalgericht aus Nordschweden und ist nichts anderes als vergorener Hering in Dosen. Geöffnet werden sollten die zur eigenen Sicherheit in einem Wasserbehälter, doch selbst dann stinkt es bestialisch nach Exkrementen. Unter schwedischen Jugendlichen gilt es als besondere Mutprobe, Surströmming direkt aus der Dose zu essen. Sonst wird er zum Beispiel zusammen mit klein gedrückten Pellkartoffeln, Zwiebeln und saurer Sahne in ein dünnes Brot (Tunnbröd) eingerollt – und dann nach jedem Bissen mit einem Schluck Schnaps runtergespült.
Der Hering ist in ganz Skandinavien der Star unter den Fischen, zumindest wenn man die Anzahl der Zubereitungsarten in unterschiedlichsten Soßen und Marinaden, in Gelee, gebraten oder geräuchert als Maßstab nimmt. Doch auch Lachs steht ganz weit oben auf der Beliebtheitsskala. Die Schweden und Norweger lieben ihn gebeizt als gravad lax beziehungsweise grav laks, die Dänen gedämpft als dampet laks.
In der klassischen skandinavischen Küche sind alte Traditionen und Bräuche tief verwurzelt. Eine bei Schweden und Finnen gepflegte Tradition ist zum Beispiel das Krebsessen, das alljährlich im August zelebriert wird. Bereits am Vorabend werden die Krebse in stark gesalzenem und mit viel Dill gewürztem Wasser gekocht. Nach jedem Krebs darf’s dann auch gern ein Aquavit oder ein Wodka sein – schon der Verdauung wegen. Dill, gerne in Unmengen, gehört in Skandinavien übrigens zu vielen Fisch-, aber auch zu Fleisch- und Gemüsegerichten selbstverständlich dazu. Kein Wunder: Das Kraut wächst auch in nördlichen Breitengraden gut.
Die Essgewohnheiten der Finnen sind deutlich von russischen und karelischen Einflüssen geprägt: Zu ihren Leibspeisen gehören piirakka (Piroggen) karjalanpaisti (karelischer Fleischtopf) und Wodka. Ansonsten reichen die kulinarischen Wurzeln Skandinaviens bis zu den Wikingern zurück. Das Bierbrauen zum Beispiel, das zu den wesentlichen wichtigen Aufgaben der Wikingerfrauen gehörte.
Aufgrund der kurzen Sommer- und damit Reifezeit und der langen Winter mussten die Nordländer Wege finden, Lebensmittel mittels Salz oder auch Molke zu konservieren und Vorräte anzulegen. Dabei herausgekommen sind zum Beispiel Leckereien wie Räucherlachs und Knäckebrot. Bis heute hat sich auch das Fischetrocknen gehalten: Nach dem Ausnehmen werden je zwei Fische an den Schwänzen zusammengebunden und zum Trocknen an ein Holzgestell gehängt (stokkfisk, tørrfisk). Wahlweise wurde der ausgenommene Fisch auch einfach auf die Klippen gelegt (klippfisk). Mit den Wikingern schaffte es der haltbare Fisch bis nach Portugal und Spanien und ist hier als bacalao nach wie vor eine Spezialität.
Auch Fleisch wird in den skandinavischen Ländern noch heute durch Einsalzen, Pökeln und Räuchern haltbar gemacht. Spekemat, haltbares Fleisch von Schwein, Lamm, Schaf, Hammel oder Elch, ist zum Beispiel aus der norwegischen Küche nicht wegzudenken.
■ Um skandinavische Gerichte und ihre Geschichte geht es in den Kochbüchern des Verlags Die Werkstatt: Norwegisch kochen von Alexander Pöche und Susanne Schöer (erscheint Mitte Mai), Schwedisch kochen von Anne Iburg und Dänisch kochen von Charlotte Noer. Je 16,90 €.
■ Die skandinavische Küche von Trine Hahnemann, Christian Verlag, 29,95 €.
■ Skandinavische Delikatessen: Kulinarisches aus dem Norden von Marianne Aronsson und Günter Pump, 9,95 €.
Außer in Dänemark und Südschweden ist Weideland in Skandinavien knapp. Das gilt deshalb auch für Rinder. Stattdessen prägen eher die genügsameren Schafe und Ziegen den menschlichen Speiseplan: in Gestalt von Hammelbraten oder Ziegenkäse zum Beispiel. Elch, Ren, Hirsch und Hase laufen im waldreichen Skandinavien nicht nur zahlreich herum, sondern landen auch häufig auf dem Teller, angereichert zum Beispiel mit Preiselbeeren und Pilzen.
Vor ein paar Jahren hat die skandinavische Küche übrigens einen kulinarischen Triumphzug durch die Feinschmeckermünder der Welt angetreten: „Neue Nordische Küche“ heißt die Bewegung. „Zurück zu den Wurzeln“ könnte ihr Motto lauten, denn beim Kochen werden nicht nur die Jahreszeiten berücksichtigt, sondern auch ausschließlich Zutaten, die Klima und Natur hergeben. So stehen zum Beispiel Moschusochse aus Grönland, Lamm von den Färöern oder Moltebeeren mit wildem Thymian auf der Speisekarte des „Noma“. Das Kopenhagener Restaurant des dänischen Spitzenkochs Rene Redzepi wurde in diesem Jahr vom britischen Restaurant Magazine zum besten der Welt gekürt. Auch Moos hat’s den Dänen angetan – was dem Hirsch schmeckt, kann dem Menschen schließlich nicht schaden.