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Archiv-Artikel

„Apokalyptische Szenarien“

UNTOTE Ein Experte spricht über Computerspiel-Zombies und rät Eltern zur Gelassenheit

Benjamin Moldenhauer

■ 33, hat Kulturwissenschaften studiert und promoviert derzeit über amerikanische Horrorfilme.

taz: Herr Moldenhauer, was ist an Computerspiel-Zombies so faszinierend?

Benjamin Moldenhauer:

Man kann sich spielerisch mit etwas denkbar Fürchterlichem auseinandersetzen, und man kann sich wehren. Die Spielwelten werden immer detaillierter, gleichzeitig sind sie erkennbar Parallelwelten. In den Spielen hat die Gewalt immer etwas comichaftes und Phantastisches.

Wie funktionieren diese Spiele?

Es werden apokalyptische Szenarien entworfen, durch die man sich als Spieler durchschlagen muss. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass man sich im geschützten Rahmen einer Bedrohungssituation aussetzen kann.

Das spricht besonders Kinder und Jugendliche an?

Ja, das kann einer bestimmten adoleszenten Verunsicherung der Welt gegenüber entsprechen. Die erscheint Heranwachsenden bedrohlicher als beispielsweise einem 40-Jährigen mit gesichertem Beamten-Job. Außerdem dienen viele Spiele einer adoleszenten Abgrenzungsästhetik. Das Spiel „Lollipop Chainsaw“ etwa enthält einiges, was Erwachsene als schlechten Geschmack erkennen: Cheerleader, sexualisierte Outfits, sehr drastische Gewaltdarstellungen, das alles in sehr grellen Farben.

Was würden Sie Eltern empfehlen?

Gelassenheit. Ich halte es für problematisch, über Computerspiele nur unter dem Aspekt möglicher Gefährdung zu diskutieren. Ich glaube auch, dass geübte Spieler die Darstellungen nicht mit realer Gewalt gleichsetzen. Ihnen bieten Spiele eher eine Form zur Selbstermächtigung. Auf der Veranstaltung haben interessierte Eltern die Möglichkeit, die Spiele selbst auszuprobieren.

Interview: DIERCK WITTENBERG

10 Uhr, Stadtbibliothek Vegesack