: Nicht nur die Menschenrechte zählen
64 Länder bewerben sich ab heute um die 47 Sitze des neuen Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen. Die UN-Generalversammlung soll bei der Wahl vorgegebenen Kriterien folgen – doch die Abstimmung ist geheim
GENF taz ■ Die UNO-Generalversammlung in New York beginnt heute mit der Wahl der 47 Mitgliedsstaaten des neuen Menschenrechtsrates. Der Rat ersetzt die im Zuge der UNO-Reformen aufgelöste Menschenrechtskommission und wird am 19. Juni in Genf erstmals zusammentreten.
64 der 191 UNO-Staaten bewerben sich um die 47 Ratssitze. Davon sind je 13 für Afrika und Asien reserviert, 8 für Lateinamerika und die Karibik, 7 für die Gruppe „Westeuropa und andere“ (USA, Kanada, Australien, Neuseeland) sowie 6 für Osteuropa (inklusive Russland). Mit 13 Bewerbern um diese 6 Sitze ist die Konkurrenz in Osteuropa am stärksten; für die 13 asiatischen Sitze kandidieren 18 Staaten; um die 8 Plätze für Lateinamerika bemühen sich 11 Länder; und an den 7 Sitzen der Gruppe „Westeuropa und andere“ sind 9 Staaten interessiert – darunter Deutschland. Überhaupt keine Konkurrenz gibt es in Afrika, wo es für 13 Plätze eine ebenso große Zahl von Kandidaten gibt.
Gewählt ist, wer in geheimer Einzelwahl die absolute Mehrheit von 96 Stimmen erhält. Überwinden mehr Länder einer Regionalgruppe diese Hürde, als dieser Gruppe Sitze im Menschenrechtsrat zustehen, fallen die Staaten mit der niedrigsten Stimmenzahl raus. Sollten aus einer Regionalgruppe weniger Länder die absolute Mehrheit erreichen, als dieser Gruppe Plätze zustehen (was im Falle Afrikas denkbar scheint), können sich in einer weiteren Wahlrunde auch neue Kandidaten aus dieser Regionalgruppe bewerben.
Wichtigstes Kriterium für die Wahl soll laut Beschluss der UNO-Generalversammlung zur Gründung des Menschenrechtsrates vom März dieses Jahres das bisherige Verhalten der Kandidatenstaaten im Bereich der Menschenrechte sein. Der Aufforderung, hierzu möglichst umfassende und detaillierte Informationen vorzulegen, waren bis gestern die Regierungen aller Kandidatenstaaten nachgekommen mit Ausnahme von Irak, Honduras und Malaysia. Die Menschenrechtsorganisationen amnesty international und Human Rights Watch stellten auf Basis dieser Regierungsinformationen sowie ihrer eigenen Recherchen ein detailliertes Bewertungsraster für alle 64 Bewerber auf. Wichtigste Kriterien dabei sind, die Ratifizierung internationaler Menschenrechtsabkommen, das Abstimmungsverhalten des Landes zu Menschenrechtsthemen in der Generalversammlung und der bisherigen Menschenrechtskommission; die Beiträge zur Finanzierung des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf; und schließlich die Frage, ob die Menschenrechts-Sonderberichterstatter der UNO jederzeit und ungehindert Zugang haben und ob das Land dem Internationalen Strafgerichtshof beigetreten ist.
Allerdings müssen die Mitgliedsstaaten der Generalversammlung bei geheimer Wahl keine Rechenschaft ablegen – auch nicht über ihre wirklichen Entscheidungsgründe. Daher ist damit zu rechnen, dass zumindest einige der Staaten, die nach dem Bewertungsraster besonders schlecht abschneiden – etwa Aserbaidschan, China, Iran, Kuba, Pakistan, Russland und Saudi-Arabien –, dennoch in den Menschenrechtsrat gewählt werden. ANDREAS ZUMACH