: „Ein Hühnchen lässt ganz schön viel Fett“
FLEISCH taz-Koch Christoph Esser erklärt, was man beim Braten von Schnitzel, Hackfleisch und Hühnchen richtig und falsch machen kann. Alles ist wichtig: Pfannen, Gewürze, Timing
INTERVIEW SASKIA HÖDL
sonntaz: Christoph, lass uns über Fleisch sprechen. Tafelspitz gab es neulich im taz Café.
Christoph Esser: Tafelspitz ist ein Kochfleisch vom Rind. Geht auch vom Kalb, dann ist es etwas zarter und viel teurer. Es ist ein klassisches Fleischgericht, das man drei Stunden kochen muss. Sonst brät man Fleisch eher.
Tafelspitz kommt aus Wien. Das Schnitzel auch. Braucht man dafür einen Fleischklopfer?
Also, das original Wiener Schnitzel ist ja von Haus aus sehr zart und wird hauchdünn geschnitten. Aber es hilft, die Faser ein bisschen zu stoßen, um eine glattere Konsistenz zu bekommen. Das Fleisch sollte man sowieso immer gegen die Faser schneiden, sonst ist es zäh im Biss. Wir haben hier einen dreiteiligen Fleischklopfer – also mit kleinen Zacken, großen Zacken und ganz flach. Die flache Seite nehme ich fast nur, um in einer Plastiktüte Nüsse zu zerschlagen. Für zarte Stücke, also ein Schnitzel, sollte man eher die kleinen Zacken verwenden. Die groben kommen nur zum Einsatz, wenn man wirklich Kraft aufwenden muss.
Woran erkennt man, dass Fleisch gut ist?
Na ja, im schlimmsten Fall wird es gelblich und fängt an zu riechen. Man kann da seiner Nase schon vertrauen.
Fleisch auf einem Holzbrett – ja oder nein?
In der taz-Küche gibt es überhaupt keine Holzbretter. Die werden vom Gesundheitsamt nicht gern gesehen. Zu Hause verwende ich auch nur Plastikbretter, die man so richtig schrubben kann.
Und was für Pfannen braucht man, um Fleisch zu braten?
Solche, die sich gut erhitzen lassen und an denen sich nichts festsetzt. Die werden trocken erhitzt, dann Öl rein und dann gleich das Fleisch, damit sich die Poren gut schließen und das Fleisch richtig saftig bleibt.
Ist das kein Mythos?
Nein, das ist Tatsache. Das merkst du schnell, wenn du Fleisch in eine zu kalte Pfanne oder in kaltes Öl tust.
Wann sollte man Fleisch würzen?
Da scheiden sich die Geister. Ich finde, würzen kann man lange vorher. Aber salzen sollte man es wirklich erst kurz vor dem Braten. Weil es sonst Saft rauszieht, und dann wird es womöglich trocken. Fertig gewürztes Fleisch würde ich nie kaufen.
Hast du Lieblingsgewürze zu Fleisch?
Paprika immer gern, der Rest hängt vom Rezept ab – ob ich etwas Mediterranes oder etwas Asiatisches koche. Ich benutze gern Cumin, also Kreuzkümmel. Und total gern mag ich Maldon Salt, das sind Salzflocken aus England, die benutze ich dann auch wirklich nach dem Kochen. Das schmilzt richtig.
Wie merkt man, wann Fleisch gar ist?
Wenn du draufdrückst und spürst noch diesen Muskel, dann ist es zu roh. Es sei denn, man mag es blutig. Man kann das Fleisch auch anstechen, und wenn der Sud klar ist, dann ist es gar.
Braucht Fleisch nach dem Braten eine Entspannungsphase?
Ein Kotelett oder Schnitzel kommt aus der Pfanne direkt auf den Teller. Bei dickeren Stücken tut es der Sache gut, wenn du es abgedeckt einen Moment stehen lässt.
Kann man bei einem Steak auch mit einem Bratenthermometer arbeiten?
Grundsätzlich ist jede Verletzung schlecht – also wenn du hineinstichst, tritt Saft aus, und das macht es trockener. Aber man kann das schon machen. In der Mitte sollte es dann 70 bis 75 Grad haben, dann ist es rosé.
Und wie kriegt man eine Poularde knusprig?
Wichtig sind die Gewürze, die vermischt man am besten mit Öl und bepinselt das Hühnchen. Senf oder Honig ist auch ein guter Tipp. Man darf ruhig etwas mehr Salz verwenden, das zieht ja ein. Und dann brät man das ganze Ding im Ofen scharf an. Also bei 220 Grad etwa 12 Minuten, danach stell ich die Temperatur runter auf 150 Grad. Du pinselst das eine Stunde lang immer wieder ein, und am Ende dreht man die Temperatur wieder hoch, dann wird es schön knusprig.
Und die Soße dazu?
Ein Hühnchen lässt ganz schön viel Fett, das kann man abgießen und eine Soße daraus machen. Oder Hühnerklein kaufen, scharf anbraten, dann mit Weißwein oder Gemüsebrühe aufgießen und mitschmoren lassen.
Es gibt einen fleischfreien Tag in der taz, war das deine Idee?
Ich war nach den ganzen Fleischskandalen schon so weit, nur noch einen Fleischtag zu machen. Das hat sich aber nicht durchgesetzt, dafür gibt es wohl zu viele Fleischfresser in der taz. Wir haben immer Neuland-Fleisch. Das ist nicht bio, aber geht bei der artgerechten Tierhaltung sogar weiter als manche Bioverbände. Ein hoher Anteil an hofeigenem Futter und keine Antibiotika.
Gibt es sonst noch Siegel oder Qualitätsstandards, die du empfehlen kannst?
Privat kaufe ich Fleisch nur regional und im Bioladen. Ich würde definitiv keine Produkte aus der Massentierhaltung kaufen, dann schon lieber weniger Fleisch essen. Ein- bis zweimal die Woche reicht vollkommen für meine eigene CO2-Bilanz.
Es geht gerade eine Erkältungswelle um. Hilft Hühnerbrühe?
In der Hühnersuppe verwendet man eigentlich das alte Suppenhuhn. Obwohl es meist gar nicht alt ist, aber ab einem halben Jahr gilt es als alt. Kommt natürlich immer darauf an, ob man das Fleisch verwenden will. Aber das macht man meistens. Also sticht man mal mit einem Bambusstab hinein; wenn sich das gut durchstechen lässt, nimmt man das Hühnchen raus, lässt es abkühlen und löst das Fleisch von den Knochen. Dann alles wieder in den Topf und noch einmal kurz und sanft aufkochen. Aber zur Erkältung: Manche behaupten, dass Hühnerbrühe nur gesund macht, weil die Hühner so viel Antibiotika kriegen.
■ Christoph Esser ist Koch im taz Café in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße. Er beantwortet hier einmal im Monat die Fragen der Leser: fragdenkoch@taz.de