Gute, schlechte Kitapolitik

Hamburg hat einen vorbildlichen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung – wenn die Eltern berufstätig sind. Doch für Kinder arbeitsloser Eltern gingen tausende Plätze verloren

Hamburg gewährt berufstätigen Müttern als einziges westdeutsches Bundesland einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr.

Die Schattenseite des Systems, das nicht mehr feste Plätze, sondern nur noch Betreuungsgutscheine vergibt: Vorher hatte Hamburg eine stattliche Zahl von Krippen- und Ganztagsplätzen in Großsiedlungen, um die Lebensbedingungen der Kinder dort zu kompensieren und Kinder von Migranten besser zu integrieren. Durch das Gutschein-System wurden Plätze dorthin verlagert, wo berufstätige Eltern sie einfordern. „Wenn wir den berufstätigen Müttern Gutes tun wollen, müssen wir den Migrantenkindern Böses tun“, brachte seinerzeit der Sozialexperte der mitregierenden FDP, Wieland Schinnenburg, die Sache auf den Punkt. Kindern aus sozial schwachen Familien gingen zwei- bis dreitausend Plätze verloren.

Als im Herbst gleich fünf Fälle von verwahrlosten Kindern Schlagzeilen machten, erklärte CDU-Bürgermeister Ole von Beust, er wolle dafür sorgen, „dass kein Kind mehr durchs Rost fällt“. Kita-Leitungen fordern seither eine großzügigere Bewilligung der „Priorität 1“ für Kinder, die aus sozialen Gründen einen Ganztagsplatz brauchen. Bei einer Expertenanhörung im Rathaus nannte die Sozialpädagogik-Professorin Petra Strehmel dafür kürzlich klare Kriterien: Kinder sollten einen Platz bekommen, wenn die Eltern zwei der folgenden sechs „Risikofaktoren“ erfüllen: Mutter jünger als 18, allein erziehend, Vater arbeitslos, kinderreiche Familie, Wohnverhältnisse beengt, Elternteil suchtkrank.

„Das kostet eine Summe X“, gibt der CDU-Jugendpolitiker Thorsten Kausch zu bedenken, der den Vorschlag „einen wichtigen Punkt“ nennt. Teile der CDU wollen dafür die Kita-Gebühren für Gutverdiener anheben. kaj