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Archiv-Artikel

Der Wert der Hausfrauenarbeit

betr.: „Mit ätzendem Witz gegen Neoliberale“, taz vom 2. 5. 06

Eine Entdeckung ist zu ergänzen, die der große Ökonom und Sozialkritiker gemacht hat, bevor Feministinnen der 80er-Jahre für dieselbe Analyse gescholten und verspottet wurden: die unbezahlte Hausfrauenarbeit und deren – wie Galbraith in seinem Werk „Wirtschaft für Staat und Gesellschaft“ (München 1976) schrieb – „ausschlaggebende Bedeutung für die Expansion des Konsums der modernen Wirtschaft“.

Ausgehend vom Begriff der „gemeinschaftsbezogenen Tugend“, die „jede für das Individuum noch so unbequeme oder unnatürliche Verhaltensweise als verdienstvoll erscheinen (lässt), die der Bequemlichkeit oder dem Wohlbefinden der Mächtigen unter uns dient oder ihnen auf andere Weise zum Vorteil gereicht“, kommt er zu dem Schluss, dass „die Bekehrung der Frauen zu niederen Diensten“, ihre „Verwandlung in eine heimliche Dienstklasse … eine ökonomische Leistung ersten Ranges“ gewesen sei.

In der vorindustriellen Gesellschaft habe sich „nur eine Minderheit“ „Diener für niedere Arbeiten“ leisten können. „Im Zuge der Demokratisierung steht heute fast dem gesamten männlichen Bevölkerungsanteil eine Ehefrau als Dienerin zur Verfügung. Würden diese Arbeiten mit Geld entlohnt, so bildeten die Hausfrauen die mit Abstand größte Gruppe der Arbeiterschaft. Der Geldwert der Hausfrauentätigkeit“ sei „Einmal sehr grob auf ungefähr ein Viertel des Bruttosozialprodukts geschätzt“ worden. „Ohne diese Dienstleistung“, schreibt er weiter, „wäre jeglicher Konsum im Haushalt durch den Zeitaufwand für die Verwaltung dieses Konsums begrenzt: Auswahl, Transport, Zubereitung, Reparatur, Unterhaltung, Säuberung, Bedienung, Lagerung, Aufbewahrung und alles andere, was mit Warenkonsum zusammenhängt.“ (vgl. S. 39–41)

Die Aktualität dieser Ausführungen ergibt sich aus der Tatsache, dass die dargestellten Strukturen zwar relativiert worden sind, aber grundsätzlich weiterbestehen. Vor allem deshalb sollte ihre Kritik durch John Kenneth Galbraith nicht in Vergessenheit geraten.

ROMINA SCHMITTER, Bremen