: Darfur wartet auf UN-Blauhelme
Nach dem Friedensabkommen für Sudans Kriegsregion steigt der internationale Druck auf alle Kriegsparteien, den Frieden einzuhalten und eine Eingreiftruppe zuzulassen
BERLIN taz ■ Nach der Unterzeichnung eines Friedensabkommens für Sudans Kriegsregion Darfur am vergangenen Freitag rückt die Frage seiner militärischen Absicherung ins Zentrum der diplomatischen Diskussion. US-Außenministerin Condoleezza Rice wollte gestern Abend vor dem UN-Sicherheitsrat eine beschleunigte Stationierung von UN-Blauhelmsoldaten in der westsudanesischen Region anmahnen – eventuell auch durch Verlegung von bereits im Südsudan stehenden UN-Einheiten.
Ein Ministertreffen von Europäischer Union (EU) und Afrikanischer Union (AU) in Wien hatte bereits am Montag in seiner Abschlusserklärung einen „frühen Abschluss von Diskussionen zwischen der UNO und der Regierung des Sudan über die Rolle der UNO in Darfur“ gefordert. Das Abkommen sei „grünes Licht“ für eine UN-Stationierung in Darfur, erklärte der EU-Sondergesandte für den Sudan, Peeka Haavisto.
Derzeit stehen knapp 7.000 Soldaten der AU in Darfur, aber sie haben nicht verhindern können, dass die militärische und humanitäre Lage dort heute nach UN-Angaben genauso schlecht ist wie vor zwei Jahren, als noch kein einziger AU-Soldat da war. Eine UN-Mission müsste nach Auffassung von Experten mindestens 20.000 Mann umfassen. Das lehnt Sudans Regierung bisher ab. Am Sonntagabend hatte die Regierung in Khartum Agenturberichte dementiert, wonach sie ihre Haltung dazu geändert habe. Bisher erteilt der Sudan nicht einmal die nötigen Visa, damit UN-Militärexperten in Darfur die Lage sondieren können.
Sudans Regierung sei „verpflichtet“, jetzt die UNO hineinzulassen, da sie Darfurs Bevölkerung nicht geschützt habe, entgegnete UN-Generalsekretär Kofi Annan zu Wochenbeginn. Von Darfurs sechs Millionen Einwohnern sind in drei Jahren Krieg rund zwei Millionen vertrieben wurden, über die Hälfte ist von internationaler Nothilfe abhängig. Als Jan Egeland, Leiter der humanitären Abteilung der UNO, am Montag das Vertriebenenlager Kalma im Süden Darfurs besuchte, wurde er von wütenden Demonstranten empfangen, die eine sofortige UN-Truppenentsendung verlangten. Es kam zu gewaltsamen Zwischenfällen mit einem Toten, die den Abbruch des Besuchs erzwangen. „Die humanitäre Operation ist unhaltbar“, erklärte daraufhin Egeland.
Erst aber muss sichergestellt werden, dass das neue Abkommen für Darfur überhaupt umgesetzt werden kann. Bisher hat lediglich eine der drei Darfur-Rebellengruppen unterschrieben – die von Minni Menawi geführte Mehrheitsfraktion der SLA (Sudanesische Befreiungsarmee). Die anderen beiden Rebellengruppen geht das Abkommen nicht weit genug. Und sogar aus der Menawi-Fraktion der SLA kommen jetzt Vorwürfe, ihr Chef sei bei den Friedensgesprächen in Nigerias Hauptstadt Abuja nur durch massiven Druck – zum Beispiel drei Tage ohne Schlaf – zur Unterschrift gezwungen worden. Die internationalen Vermittler haben den anderen beiden Gruppen nun den 15. Mai als neue Frist gesetzt. An diesem Tag soll auch die von der Regierung zugesagte Entwaffnung der Janjaweed-Milizen beginnen, der Hauptverantwortlichen für die Massaker in Darfur.
DOMINIC JOHNSON