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Archiv-Artikel

„Ach, die Nazis“

GEBURTSTAG Bremen feiert sein Wahrzeichen, den Roland, mit Umsonst-Sekt für Namensbrüder

Von eib
Roland zu Bremen

■ 609, Weltkulturerbe auf dem Marktplatz, größte freistehende Plastik des Mittelalters.

taz: Herr Roland, wir feiern heute Ihren 609. Geburtstag, obwohl gar nicht bekannt ist, wie alt Sie genau sind.

Roland zu Bremen: Was wollen Sie? Kommen Sie von der Kirche?

Nein, warum?

Alte Geschichte. Wann ich geschaffen wurde, ist unbekannt, aber aufgestellt wurde ich, der größte meiner Art, im Jahr 1404. Nachdem der Erzbischof meinen hölzernen Vorgänger verbrannt hatte. Das heutige Datum haben wir ausgewählt, um an den Tag zu erinnern, an dem Bremen von 1813 bis 1863 die Befreiung von Napoleon feierte.

Was hat die Kirche gegen Sie?

Ich symbolisiere die Unabhängigkeit Bremens von den Pfaffen. Bremen hatte ja 1404 längst die Rechte einer reichsfreien Stadt.

Naja, die hat sich Bremen eher genommen, wirklich reichsfrei war sie erst ab 1646.

Sie sind wirklich nicht von der Kirche?

Nein. Lassen Sie uns doch mal über was Unverfängliches reden. Die Nazis.

Ach, die.

Die haben sich rührend um Sie gekümmert! Ein neues Fundament haben sie Ihnen gegossen und Sie zum Schutz vor Luftangriffen mit einer Holzverschalung verkleidet und einen Splitterschutz gemauert.

Jaja. Und bestimmt kommen Sie mir jetzt noch mit den Dokumenten, die die Nazis 1938 in mir eingemauert hatten.

Genau. Erzählen Sie!

Haben sie 1989 rausgepult, nachdem sie die Bleikassette endlich orten konnten. Gab ein großes lokales Getöse, endlich raus mit dem Zeug, hieß es. Gefunden haben sie Zeitungen, bischen Propaganda. Und Notizen der Handwerker, die ihre Lebensumstände im Jahr 1938 beschrieben.

Zurück zur Kirche. Der Leiter des Staatsarchivs sagt, es sei ein Gerücht, dass Sie den Dom herausfordern.

Recht hat er. Ich beziehe mich aufs Rathaus, das nach mir gebaut, aber vorher geplant wurde. Den Dom gucke ich nicht an, das habe ich nicht nötig. Mein Blick geht dran vorbei.  Interview: eib