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Archiv-Artikel

Energische Fusion in Österreich

Durch den Zusammenschluss zweier Energiekonzerne soll ein integrierter Öl-Gas-Strom-Konzern entstehen. Der soll sogar der russischen Gazprom Paroli bieten können

WIEN taz ■ Österreich steht vor der Geburt eines neuen Energieriesen. Das größte Unternehmen des Landes mit einem Jahresumsatz von 18 Milliarden Euro würde entstehen, wenn der Öl- und Gaskonzern Österreichische Mineralölverwaltung (OMV) mit dem Stromkonzern Verbund fusioniert. Gestern Vormittag machte die OMV den Verbund-Aktionären ein Übernahmeangebot. Jede Aktie soll mit 425 Euro bezahlt werden, 7,7 Prozent über dem Schlusskurs vom Dienstag.

Der Verbund ist der Zusammenschluss der österreichischen Stromerzeuger, die regional organisiert sind und sich mehrheitlich in Eigentum von Bund und Ländern befinden. Ohne Zustimmung der einzelnen Gesellschaften kann die Fusion nicht stattfinden. Und daran könnte sie auch noch scheitern. Denn die Verbund-Großaktionäre Wien Energie und Energie Versorgung Niederösterreich (EVN) drohen, sich quer zu legen.

Dessen ungeachtet sprach OMV-Chef Wolfgang Ruttensdorfer gestern von einer „zukunftsweisenden Lösung“. Durch die Synergieeffekte könne man jährlich 100 Millionen Euro einsparen. Und man hätte bessere Chancen auf dem Wachstumsmarkt Osteuropa. Der Verbund will dort nämlich Gas-und-Dampf-Kraftwerke bauen. Bisher fehlt ihm aber das Gas. Das würde die OMV einbringen.

Nicht zuletzt hofft Ruttensdorfer, künftig selbstsicherer gegenüber dem russischen Lieferanten Gazprom auftreten zu können. Der Schreck über Gazproms Stopp der Lieferung an die Ukraine zu Beginn des Jahres sitzt den Energieverantwortlichen noch in den Knochen. Europaweit ist Österreich, das seine Energie in erster Linie aus Wasserkraft bezieht, dabei ein Zwerg. Sein Anteil an der Stromproduktion der EU beträgt gerade 2,4 Prozent. Dennoch ist das Land Nettoexporteur von Energie.

Die Fusion ist in Österreich nicht unumstritten. Bedenken meldete etwa der Staatssekretär für Konsumentenschutz, Sigisbert Dolinschek, an. Er will erreichen, dass die versprochenen Synergieeffekte ausschließlich den Stromverbrauchern zugute kommen. Bisher hält der Staat 51 Prozent am Verbund – genug, um die Kontrolle auszuüben. Der Anteil soll jedoch zum Missfallen der Fusionskritiker deutlich sinken. RALF LEONHARD