: SED muss auf den Todesstreifen
Expertenkommission schlägt Bernauer Straße als Standort für geplantes „Forum Aufarbeitung“ vor. Institutionen zur SED- und DDR-Geschichte werden neu geordnet
In der Berliner Erinnerungslandschaft wird die Bernauer Straße zukünftig wohl kein Schattendasein mehr führen. Der Gedenkort, den die Kulturverwaltung und das Land zu der zentralen Mauergedenkstätte in der Stadt umgestalten möchten, könnte durch das vom Bund geplante „Forum Aufarbeitung der SED-Diktatur“ eine Aufwertung und zusätzlich mehr Besucher erzielen. Bislang rangiert die Bernauer Straße in der Attraktivität des Mauer-Sightseeings und der Information, besonders unter Berlin-Touristen, klar hinter dem Checkpoint Charlie.
Am kommenden Montag will Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) die Empfehlungen der „Expertenkommission zur Schaffung eines Geschichtsverbundes“ der Öffentlichkeit vorstellen. Im Kern beinhaltet die Expertise, die der taz vorliegt und noch 2005 von der damaligen Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) initiiert worden war, die Schaffung einer zentralen Institution. Sie soll bestehende Gedenkstätten, Dokumentationszentren und Stiftungen zur DDR-Geschichte sowie zur Aufarbeitung des SED-Regimes besser strukturieren und vernetzen.
So könnten zum Beispiel die Ausrichtung der Behörde der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU/Birthler-Behörde), die Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen oder andere Forschungseinrichtungen neu geordnet, zusammengelegt oder gar mit neuen Arbeitsschwerpunkten versehen werden. Insgesamt soll ein stärkeres Augenmerk auf den Alltag in der DDR statt der Fixierung auf die Stasi erreicht werden.
Zu den zentralen Vorschlägen zählt auch, dass die Bernauer Straße wohl die beste Adresse für die Einrichtung des „Forums Aufarbeitung“ sei. Das ehemalige Gelände der Oswald-Berliner Brauerei mit rund 7.000 Quadratmeter Nutzfläche und in unmittelbarer Nähe zur Gedenkstätte Berliner Mauer eigne sich vorzüglich als neuer „kompakter Schwerpunkt“ in der Lern- und Erinnerungstopografie Berlins. Die bestehende Mauer dort, die Geschichte der Teilung der Stadt in der geplanten Gedenkstätte und die neue Institution zur Aufarbeitung der SED-Diktatur könnten sich in dieser „Kombination“ ergänzen.
Die beiden anderen Vorschläge, das Haus Torstraße 1, einst Sitz der SED-Parteizentrale und des Instituts für Marxismus-Leninismus, und das einstige ADN-Gebäude in Mitte, empfiehlt die Expertise dagegen weniger.
Bereits gestern – und vor der offiziellen Veröffentlichung des Berichts – lehnten der Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, und sein Kollege von der Gedenkstätte Normannenstraße das neue Forum ab. ROLF LAUTENSCHLÄGER
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