: Schwarz auf weiß
Bei gleicher Leistung haben Deutsche mehr Chancen. Notenschwelle verbaut Hauptschülern Perspektive
Geahnt hat man‘s, aber der Schulforscher Rainer Lehmann belegt es schwarz auf weiß: Schulabgänger mit ausländischem Pass haben auf dem Lehrstellenmarkt schlechtere Chancen als ihre Deutschen Mitschüler. „Es gibt eine Benachteiligung, für die nicht die Schule, sondern die Betriebe verantwortlich sind“, sagte er bei der Vorstellung Schulstudie „Ulme II“.
Lehmann hatte 2002 rund 3.000 Schüler an Teilqualifizierenden Berufsfachschulen einer Testreihe unterzogen und diese 2004 wiederholt. Dabei hat er eine „kritische Schwelle“ auf der Leistungsskala (82 Punkte) ermittelt, ab dem die Chance auf einen Ausbildungsplatz fifty-fifty steht. Doch deutsche Schüler auf dieser Schwelle haben eine 60prozentige Chance, Schüler ohne deutschen Pass nur eine 40prozentige. Die Betriebe, so Lehmann, hielten sich bei Migrantenkindern „stark zurück“.
Die Studie ist laut Druckdatum im Impressum seit Januar fertig, wurde aber erst jetzt veröffentlicht. GAL-Fraktionschefin Christa Geotsch nannte dies „ein starkes Stück“. Ergab doch die Studie, dass unter den schwächeren Schülern die Leistungszuwächse „besonders hoch“ waren. Doch Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) führt ab August eine Notenschwelle ein, die allen Hauptschülern, die in Deutsch, Mathe und Englisch schlechter als 3,3 sind, den Zugang zu diesen Schulen verwehrt.
Dinges-Dierig begründet dies mit der hohen Abbrecherquote und rechnet damit, dass durch die Schwelle 1.400 Schüler auf die Berufsvorbereitungsklassen ausweichen müssen. Allerdings können Schüler an der Teilqualifizierenden Berufsschulen einen Realschulabschluss machen, an den Berufsvorbereitungsklassen nicht. „Es ist sehr drastisch, was da passiert. Sie greifen massiv in die Lebensplanung von jungen Menschen ein“, warf die SPD-Politikerin Britta Ernst der Senatorin vor. Wenn man Hauptschülern die Realschul-Perspektive nehme, sinke dort in Klasse 7 die Motivation. Kaija Kutter