: Schieber als Abschieber
Ein mutmaßlicher Menschenhändler aus Guinea soll der Ausländerbehörde Dortmund bei der Abschiebung von Landsleuten geholfen haben. „Land ist verantwortlich“, so die Grünen
VON NATALIE WIESMANN
Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Abschiebung von abgelehnten AsylbewerberInnen nach Guinea zunächst ausgesetzt. Nach Aussagen guineischer Flüchtlinge hatte die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Dortmund mit einem Menschenhändler zusammengearbeitet, um mögliche Abschiebekandidaten zu identifizieren und dann abzuschieben. Die Grünen werfen der Landesregierung vor, die Delegation, der der besagte N‘Faly Keita angehörte, nicht genügend überprüft zu haben.
Die ZAB und das Auswärtige Amt hatten die staatliche Delegation im März 2006 nach Dortmund eingeladen. Den Gesandten wurden 321 afrikanische Flüchtlinge aus NRW und Süddeutschland zwei Wochen lang vorgeführt – nach „Gesichtsform und Akzent“ soll die Delegation entschieden haben, wer aus Guinea sei, berichtete die Welt am Sonntag (WamS). Nach ihren Recherchen sollen mehrere Untersuchte Keita als Kopf einer Schleuserbande erkannt haben. Teilweise waren sie selbst von ihm illegal ins Land gebracht worden. Und auf der Reise nach Dortmund habe Keita weitere Landsleute eingeschleust. Die Zeugen wollten aus Angst vor späterer Verfolgung anonym bleiben, so die WamS.
Flüchtlingsorganisationen hatten gegenüber der taz nrw die Delegation bereits vor ihrer Anreise im März als „dubios“ bezeichnet. Als im Jahr zuvor eine ähnliche Truppe von der Ausländerbehörde Hamburg eingeladen wurde, hatte sich die guineische Botschaft von ihr distanziert. Aus dem NRW-Innenministerium hieß es, für die Einladung der Delegation sei man nicht zuständig: „Wir müssen uns darauf verlassen, dass das Auswärtige Amt die Mitglieder der Delegation überprüft“, sagte Sprecherin Dagmar Pelzer im März.
Monika Düker, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, sieht durchaus den Innenminister in der Verantwortung: „Das Land führt die Abschiebungen aus – also muss es auch für die saubere Überprüfung von Flüchtlingen sorgen.“ Es sei zwar sowieso fraglich, ob in ein politisch instabiles Land wie Guinea abgeschoben werden sollte. „Aber wenn, dann muss das Prozedere wenigstens sauber sein. An sich sei ihrer Meinung nach an einer solchen Delegation „nichts Anrüchiges“.
Das Innenministerium hat jetzt die Abschiebung der als Guineer identifizierten Flüchtlinge aus NRW zunächst gestoppt, „bis aufgeklärt ist, was hinter den Vorwürfen steckt“, sagt Sprecherin Dagmar Pelzer. Nur eine Abschiebung sei nicht verhindert worden: „Dabei handelte es sich um einen mehrfachen Straftäter.“ Da die Delegation abgereist sei, sehe ihr Ministerium keinen Sinn darin, Keita anzuzeigen. Außerdem sei es schwierig, „dass die Zeugen aus Angst nicht aussagen wollen.“
Für die Massenverhöre hat die Ausländerbehörde in Dortmund 110.000 Euro gezahlt, ein großer Teil davon soll an die Delegation gegangen sein. „Davon hätten viele Familien jahrelang durchgefüttert werden können“, sagt Volker-Maria Hügel von der münsterschen Flüchtlingshilfe. Auch dass eine weitere Einladung der Delegation nach Stuttgart geplant sei, findet er „skandalös“.