wohin heute? : Verflüssigen mit der taz
Eine fruchtbare Verschränkung von Gesellschaft und Kultur fordert die frühere Berliner Kultursenatorin und heutige taz-Aufsichtsrätin Adrienne Goehler in ihrem neuen Buch „Verflüssigungen“, aus dem sie heute im Schauspielhaus liest. Künstler und Wissenschaftler als Vorreiter zu begreifen ist Ziel ihres Plädoyers, das sich der Neubündelung der sozialen Kräfte widmet. Gerade die Künstler seien es, die das Denken und Leben jenseits fest gefügter Erwerbstätigkeit längst praktizierten, findet Goehler.
Wegweisend könnten sie daher sein für eine Gesellschaft, die das Verschwinden der Vollbeschäftigung noch nicht verinnerlicht habe. An Hochschulen, Schulen, in Unternehmen und Verwaltungen solle man den Dialog, eventuell auch die projektweise Anstellung von Künstlern und Wissenschaftlern beginnen, die seit jeher ihre eigenen Unternehmer seien und einen „Erfahrungs- und Leidensvorsprung“ hätten. Das Ziel: die Schaffung neuer, kreative Arbeitsplätze anstelle des Jobs auf Lebenszeit. Von Künstlern sei „das Denken in Übergängen, Provisorien, Modellen und Projekten zu lernen“, so Goehler.
Eine These, die in der heutigen Diskussion mit taz-Korrespondentin Bettina Gaus für Dispute sorgen könnte. Denn so ehrenwert die Forderung nach einer Aufstockung der Ressourcen für Kulturprojekte auch sei: Die Benutzbarkeit von Kultur kaschiere dies nicht, findet taz-Rezensent Robert Misik. Und von avantgardistischer Durchdringung der Gesellschaft durch die Kunst könne dann keine Rede mehr sein. Im Gegenteil. PS
19 Uhr, Marmorsaal des Schauspielhauses. Anmeldung erforderlich unter KulturforumHH@yahoo.de