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Archiv-Artikel

Kampf gegen Naturgewalt und Anarchie

PHILIPPINEN Nach dem verheerenden Wirbelsturm droht die Ausbreitung von Seuchen. Rettungskräfte sind überfordert. Regierung schickt Militär, um Plünderungen zu stoppen

Noch immer sind viele Orte von der Außenwelt abgeschnitten, Hilfe kommt nicht an

VON NICOLA GLASS

BANGKOK taz | Verwüstung, wohin das Auge reicht: Erst nach und nach wird sichtbar, was der verheerende Taifun „Haiyan“ auf den Philippinen angerichtet hat. In der mit am schwersten betroffenen Stadt Tacloban auf der Insel Leyte stehen die Menschen in der sengenden Sonne Schlange für die vom Militär ausgegebenen Trinkwasserflaschen und Reissäcke. Doch die wenigen Rationen reichen bei Weitem nicht aus für die vielen Opfer des Wirbelsturms, die alles verloren haben und verzweifelt auf Hilfe warten. In der Luft hängt der stechende Geruch verwesender Körper, die in Baumästen hängen oder an Straßenrändern liegen – meistens nur notdürftig bedeckt. Derzeit werden Massengräber ausgehoben, denn im Krisengebiet drohen Seuchen. Längst gehen die Behörden von weit über 10.000 Toten aus.

Obwohl die internationale Unterstützung angelaufen ist, haben die Hilfsgüter die meisten Betroffenen noch nicht erreicht. Noch immer sind zu viele Orte von der Außenwelt abgeschnitten, Militär und Hilfsorganisationen scheinen auch drei Tage nach der Katastrophe restlos überfordert – wobei vor der zerstörerischen Wucht dieses Sturms sicher auch reichere Staaten kapituliert hätten. „Haiyan“ gilt als einer der schwersten Wirbelstürme seit Jahrzehnten und war am Freitagmorgen mit voller Wucht auf die Ostküste der Philippinen getroffen. Er erreichte zeitweise Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 Stundenkilometern.

Es fehlt den Menschen an allem: an Nahrung, Trinkwasser, sauberer, trockener Kleidung und Medikamenten. Sie haben nicht nur ihre Häuser, sondern oft ihr ganzes Hab und Gut verloren. Die UN-Hilfswerke schätzen, dass insgesamt fast zehn Millionen Menschen in dem südostasiatischen Inselstaat von dem Sturm betroffen sind. Manche können die Tränen nicht zurückhalten: „Wir haben Hunger und Durst“, sagen sie. „Wer immer etwas Essen und Wasser übrig hat, der möge uns bitte helfen.“

Die EU-Kommission sagte 3 Millionen Euro Soforthilfe zu, Deutschland 500.000 Euro. Die USA schickten Soldaten sowie Flugzeuge und Hubschrauber. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon versprach schnelle Unterstützung. Unter anderem schickten das Welternährungsprogramm WFP, Unicef und die Organisation Ärzte ohne Grenzen Hunderte Tonnen Hilfsgüter und Nahrung.

Doch nahezu alles läuft provisorisch ab: Es fehlt an Gerät, um die Spenden in die Katastrophengebiete zu bringen. Der Flughafen in Tacloban, wo erste internationale Helfer eintrafen, dient als Kommandozentrum des Militärs. Inmitten der Trümmer haben Helfer in der Nähe auch eine Krankenstation errichtet. Derweil kursierten Berichte, wonach Menschen Supermärkte und Tankstellen geplündert und Geldautomaten geknackt haben. Daraufhin wurden der Notstand und eine nächtliche Ausgangssperre über Tacloban verhängt. Man habe Verständnis für die Verzweiflung der Betroffenen, so die Polizei, aber man wolle Anarchie verhindern.