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Archiv-Artikel

Gewaltwelle stürzt São Paulo ins Chaos

181 Angriffe krimineller Banden fordern zahlreiche Tote und Verletzte. Der Polizeichef spricht von Krieg

SÃO PAULO rtr ■ In Brasilien haben kriminelle Banden ihre Angriffsserie in São Paulo ausgeweitet und die drittgrößte Metropole der Welt damit tiefer ins Chaos gestürzt. Geschäfte, Schulen und Büros machten wegen der seit vier Tagen anhaltenden Gewaltwelle frühzeitig dicht. Der öffentliche Nahverkehr kam in vielen Stadtteilen zum Erliegen. Bei den Bandenangriffen sind seit Freitag fast 100 Menschen ums Leben gekommen, darunter 31 Polizisten, acht Gefängniswärter und vier Zivilisten.

Die Sicherheitsbehörden vermuten hinter den 181 Angriffen Vergeltungsmaßnahmen für die Überstellung inhaftierter Verbrecher und Bandenchefs in eine entlegene Haftanstalt. Nach Einschätzung der Polizei gab die Bande „Erstes Hauptstadt-Kommando“ den Befehl zur schwersten Gewaltserie seit Jahren.

„Das ist Krieg und wir werden nicht zurückweichen. Es wird wohl noch mehr Tote geben“, sagte Elizeu Eclair Teixeira Borges, Chef der Militärpolizei im Bundesstaat São Paulo am Montag.

Den Behörden zufolge schossen Kriminelle auf fast ein Dutzend Banken und setzten mehr als 65 Busse in Brand. Zahlreiche Transportunternehmen stellten ihren Betrieb ein. Rund ein Drittel der Schüler blieb zu Hause. „Ich werde meine Kinder auf keinen Fall nach da draußen schicken“, sagte die 33-jährige Nanci Rocha. Die Polizei errichtete Kontrollstellen und durchsuchte Fahrzeuge.

Die Gangster hatten zahlreiche Polizeiwachen im Großraum der Stadt mit Sturmgewehren und Handgranaten angegriffen. Bei der Gewaltserie wurden auch knapp 80 Menschen verletzt. Zudem brachen in rund 50 Gefängnissen offenbar koordinierte Revolten aus. Die Regierung des Bundesstaates São Paulo schlug bislang das Angebot der Regierung aus, Truppen zur Eindämmung der Gewaltwelle zu entsenden. „Wir werden dem organisierten Verbrechen nicht nachgeben“, sagte Gouverneur Claudio Limbo: „Ich glaube an die Polizei von São Paulo“.

São Paulo ist mit rund 20 Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt der Welt, hat seit langem mit Kriminalität und Gewalt zu kämpfen und gilt als Drehscheibe des internationalen Drogenhandels.