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Archiv-Artikel

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Die Artissima bleibt beliebt bei Berliner Galeristen und Galeristinnen. Das mag an Isabella Bortolozzi und Gregor Podnar liegen, die seit Jahren im Auswahlkomitee der Kunstmesse von Turin sitzen. Wahrscheinlicher ist es jedoch die für einen kommerziellen Kunstmarkt eher intellektuelle Ausrichtung des Programms. Gegen den Makel, eine Messe zu sein, auf der weniger erfolgreich verkauft wird, positioniert sich die Artissima nämlich mit einer wirklichen Identität. Besonders die u. a. von Kasper König selektierte Sektion „Back to the Future“, die sich seit einigen Jahren wichtigen Positionen der 1960er bis 1980er Jahre widmet, bietet auch den jungen Berliner Galerien eine Bühne, die ihnen sonst keine andere Messe bereitstellt. Die Galerie Exile von Christian Siekmeier stellte die 1942 in Tokio geborene Künstlerin Kazuko Miyamoto vor, die ab 1964 zur boomenden Minimalistenszene in New York gehörte. Sie arbeitete als Assistentin von Sol LeWitt, konnte sich aber in ihrem eigenen Schaffen von dessen Strenge lösen und einen eigenen spielerischen und mitunter performativen Zugang zur Minimal Art entwickeln. (Exile, Skalitzer Str. 104, www.thisisexile.com) Mit der Wahrnehmung von Strukturen beschäftigt sich auch Brian O’Doherty, der als Autor des Essays „Inside the White Cube“ berühmt wurde. Die Galerie Thomas Fischer präsentierte ihn in einer Soloshow als Konzeptkünstler mit wechselnden Identitäten. O’Dohertys „Rope Drawings“ springen zwischen Zwei- und Dreidimensionalität. Sein Setzkasten „The Body and its Discontents“ von 1964 analysiert dagegen die verschiedene körperliche Dimensionen. Zeichnungen und Druckgrafik signierte er auch mit dem Pseudonym Patrick Ireland. (Galerie Thomas Fischer, Potsdamer Str. 77–87, www.galeriethomasfischer.de) Der Niederländer Ger van Elk, den die Galerie Lüttgenmeijer zeigte, näherte sich der Konzeptkunst von der dadaistischen Seite. In Fotografien, Projektionen und Installation erzählt Elk absurde Geschichten, die Kritik mit Humor verbinden. (Lüttgenmeijer, Bartningallee 2–4, www.luettgenmeijer.com)

Der Galerienachwuchs, der weniger als fünf Jahre aktiv ist, konnte sich wie üblich zu den reduzierten Standkosten der Sektion „New Entries“ in den Wettbewerb begeben. Für die Galerie Chert hat sich das Artissima-Debüt schon ausgezahlt. Ihr Künstler, der 27-jährige in Berlin lebende Kosovare Petrit Halilaj, wurde mit dem erstmalig vergebenen Preis der Ettore-Fico-Stiftung ausgezeichnet – und Halilajs kinetische Glühlampen-Installation „Cleopatra“ für das stiftungseigene Museum angekauft. (Chert, Skalitzer Str. 68, www.chert-berlin.com)