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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Adoptionsverfahren brauchen Kontrolle

■ betr.: „Der verlorene Sohn“, sonntaz vom 15./16. 5. 10

Eine kritische Berichterstattung über problematische Praktiken in der internationalen Adoptionsvermittlung ist wichtig, um diese zu unterbinden. Eine Adoption aufgrund falscher Angaben noch lebender Eltern hat tragische Folgen nicht nur für das Kind, sondern auch für die aufnehmende Familie. Wenn dem Vater das Kind wirklich, wie im Artikel angedeutet, von einem Mittelsmann abgeschwatzt wurde, dann ist das ein Skandal. Aber die Darstellung von Auslandsadoptionen als „System“ mit den stilistischen Mitteln eines mittelmäßigen Krimis einschließlich einer Frau, die sich ein „schönes Baby“ wünscht, Eltern, die „investieren“, dem Leiter einer Adoptionsagentur mit einer Hautfarbe, „die von häufigen Afrikaaufenthalten zeugt“, und Adoptiveltern, die sich in Internetforen verschanzen, wird den tatsächlichen Problemen in keiner Weise gerecht. In einem Land mit fünf Millionen verwaisten Kindern in Kinderheimen wird der „Markt“ nicht von 47 adoptionswilligen Eltern in Deutschland gesteuert; selbst nicht von den über 2.000 in den USA. Über 99,9 Prozent dieser Kinder werden in Heimen unter denkbar schlechten Bedingungen und mit miserablen Zukunftsaussichten aufwachsen. Die allermeisten der adoptierten Kinder sind keine „schönen Babies“, sondern ältere Kinder. Sie alle sind durch Verlassenwerden, Hunger, Krankheiten und/oder den Tod der Eltern belastet. Die hohen Kosten einer Auslandsadoption entstehen gerade, weil Vermittlungsagenturen mit geschultem Personal sowohl die Adoptiveltern als auch die Herkunft der Kinder aufwändig überprüfen und die rechtlichen Verfahren kompliziert sind. Adoptionsverfahren brauchen Kontrolle und staatliche Aufsicht.

In Äthiopien ist in den letzten Jahren die Zahl der Adoptionen insbesondere in die USA zu schnell gewachsen, um diese Kontrollen umzusetzen. Ein falsches, mitunter auch kriminelles Handeln von Einzelnen droht nun auf alle abzufärben, die mit Auslandsadoptionen zu tun haben. Das hilft niemandem, am wenigsten den betroffenen Kindern. ANKE HASSEL, Adoptivmutter, London

Immer laut, immer grob

■ betr.: „Wir brauchen keinen Boss“, taz vom 18. 5. 10

mich regt fußball auf! männlicher fußball ist nichts anderes als massenpsychose samt rückwärtsgewandtem führerkult und bedient alle niederen instinkte, immer laut, immer grob, völlig unkultiviert. und dahinter steht auch eine ganze industrie. nicht umsonst ist er das letzte gesellschaftliche refugium für homophobie. im frauenfußball würde eine lesbische spielerin möglicherweise sogar erwartet, vielleicht ist das der grund, warum die frauen-fußball-wm nicht annähernd ernst genommen wurde. und warum muss deutschland eigentlich immer gewinnen in allen sportarten, warum unterstützen medien diesen hype? warum hat die taz die „wade der nation“ auf der titelseite? fußball gehört auf den fußballplatz und sollte nicht die ganze gesellschaft dominieren.JOCHEN RÖGELEIN, München

Antiquiertes Führerspiel

■ betr.: „Aus für den deutschen Anführer“, taz vom 18. 5. 10

Leider ist der Ausfall Michael Ballacks schmerzlicher, als von einigen Optimisten behauptet wird. Moderner Fußball braucht keinen Leitwolf, Obermacker, Häuptling oder Platzhirsch à la Matthäus, Effenberg oder Kahn. Aber Deutschland spielt keinen modernen Fußball wie Barcelona oder Spanien. Ihnen fehlt die individuelle Klasse und die technische Raffinesse. Die Stärken des deutschen Teams sind Teamgeist, Kampf und taktische Disziplin. Die jungen Talente brauchen einen wie Ballack, an dem sie sich orientieren können. Ballack ist kein Leitwolf, sondern ein Lightwolf. Kein Bestimmer, sondern ein Impulsgeber. Das aktuelle System mit dem „Halbführer“ Ballack ist das Bindeglied zwischen dem antiquierten Führerspiel und dem modernen Spiel mit flachen Hierarchien. FELIX TILL, Halle

Holprige Wege, glatter Asphalt

■ betr.: „Asphaltierte Rollbahnen“, sonntaz vom 15./16. 5. 10

Der Fehler ist, anzunehmen, dass „wassergebundene Decken“ gegenüber Asphalt Vorteile in Naturschutzbelangen bieten. Tatsächlich sorgen die Nicht-Asphalt-Bahnen durch ihren mit mineralischen Zusätzen gebundenen, stark verdichteten Unterbau dafür, dass dort weniger Wasser in den Boden versickert als bei einer Asphaltdecke. Zudem heizt Asphalt sich stark auf, was Kleintieren das Queren erschwert. Man muss jedoch Asphalt nicht schwarz verbauen, sondern kann ihn hell einfärben, sodass er sich nicht mehr aufheizt als eine wassergebundene Decke. Wassergebundene Decken brauchen einen jährlichen Unterhalt, sonst sind sie bald unbefahrbar. Nein, es spricht nichts dagegen, Radfahrern statt holpriger Wege glatte Asphaltoberflächen zu gönnen. BERND SLUKA, Passau