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Archiv-Artikel

Italien hat eine neue Regierung

Kabinett unter Regierungschef Prodi vereidigt. Letzte Hürde ist die Abstimmung im Senat

ROM taz ■ Gut einen Monat nach der Parlamentswahl steht die neue italienische Regierung unter Romano Prodi. Der Wahlsieger, der am Dienstagabend von dem neuen Präsidenten Giorgio Napolitano den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten hatte, kehrte gestern Mittag mit der kompletten Ministerliste zum Staatschef zurück. Am Nachmittag wurde das Kabinett vereidigt.

Prodi musste die Ansprüche von gleich acht Koalitionspartnern befriedigen. „Alle sind zufrieden, auch wenn der eine oder andere vielleicht nicht glücklich ist“, kommentierte er gestern. Prodi selbst hat allen Grund, glücklich zu sein: Ihm ist es gelungen, die meisten Schwergewichte der Koalition ins Kabinett einzubinden.

Massimo D’Alema, einer der Frontmänner der Linksdemokraten, wird Vizepremier und Außenminister. Ebenfalls Vizepremier – und daneben Kulturminister – wird Francesco Rutelli, Chef der zweitstärksten Kraft im Bündnis, der Mitte-Partei Margherita. Wunschkandidaten konnte Prodi auf dem Posten des Verteidigungsministers mit seinem Vertrauten Arturo Parisi ebenso wie im Schatzministerium durchsetzen: Dort kommt der parteilose Tommaso Padoa Schioppa, Exmitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank, zum Zug. Innenminister wird der parteilose Giuliano Amato, der 2000 bis 2001 der letzte Premier einer Mitte-links-Regierung vor dem Machtantritt Berlusconis gewesen war.

Um die vielen kleinen Koalitionspartner abzufinden, griff Prodi zu einem Mittel, das in Italien Tradition hat: Er stellte per Aufteilung diverser Ministerien noch ein paar zusätzliche Stühle an den Kabinettstisch, um den sich 25 Minister versammeln werden. Trotz dieser Platzvermehrung brach Prodi sein Versprechen, 30 Prozent der Posten an Frauen zu vergeben. Es gibt nur sechs Ministerinnen, fünf von ihnen sind Ministerinnen ohne Portefeuille. Bloß Livia Turco von den Linksdemokraten hat mit dem Gesundheitsministerium ein echtes Ressort.

Die letzte Hürde für die Regierung ist die Vertrauensabstimmung in den beiden Häusern des Parlaments. Heute will sich Romano Prodi dem Senat stellen. Dort fällt angesichts der knappen Mehrheit von zwei Sitzen für die Koalition die Entscheidung. Im Abgeordnetenhaus, wo die Prodi-Allianz mit gut 60 Stimmen führt, drohen Anfang nächster Woche keine unangenehmen Überraschungen.

MICHAEL BRAUN