MARTIN REEH ÜBER ROT-GRÜN-ROT IN HESSEN UND ANDERSWO : Ein unnatürliches Bündnis
Vielen SPD-Mitgliedern mag die Große Koalition noch immer als ein Irrtum der Geschichte erscheinen, ein Abweichen von Bündnissen mit den angeblich natürlichen Partnern Grüne und Linke.
Sie ist es nicht. Zumindest in den Ländern, wo schwierige Themen wie der Mindestlohn nicht zur Debatte stehen, sind die Schnittmengen zwischen SPD und Union größer als die mit Grünen und Linkspartei. SPD und Grüne trennte schon bisher ihr Verhältnis zu Großprojekten, zum Ausbau von Flughäfen, Bahnhöfen, Autobahnen, Kraftwerken. Die Sozialdemokraten halten dies als Teil einer Wachstumsstrategie für unverzichtbar. Für die Grünen waren Koalitionen in den Ländern meist nur um den Preis zu haben, sich den SPD-Vorstellungen zu beugen und sich damit von einem Teil ihrer Kernklientel zu entfremden.
Von der Linkspartei trennt die SPD zusätzlich das Verhältnis zur Schuldenbremse. Wenn die Einnahmeseite nicht verbessert wird, müsste die Linke also Austeritätsmaßnahmen wie Stellenkürzungen zustimmen – was ihr schon beim Mitregieren im Land Berlin nicht bekommen ist. Innerhalb von zehn Jahren halbierte sich dort ihr Stimmenanteil. In Hessen, wo sie mit 5,2 Prozent in den Landtag rutschte, käme ihr Ja zu Stellenstreichungen politischem Selbstmord gleich.
Kürzungen könnten nur bei Steuererhöhungen im Bund vermieden werden, die den Ländern höhere Einnahmen bescheren. Die aber hat die SPD aufgegeben. Auch wenn sich die Partei jetzt verbal auf Bundesebene zur Linken öffnet, werden sie daher nicht wahrscheinlicher. Bisher galt schließlich, dass Koalitionen im Bund Koalitionen in den Ländern vorausgegangen sein müssen. Das naheliegendste Bündnis im Reichstag, das ist die Botschaft aus Wiesbaden und Berlin, könnte auch 2017 eines zwischen Union und SPD sein.
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