: Kontrolle in Kanada
DAILY DOPE (654) Der oft gescholtene Deutsche Eishockeybund hat sich dem Regime der Nada unterworfen. Seitdem gilt der Verband als vorbildlich. Nur manchen Sportlern ist das Meldewesen zu kompliziert
AUS BONN CHRISTIANE MITATSELIS
Die Nationale Antidoping- Agentur (Nada) zog alle Register, als sie Journalisten zu einem Workshop in ihre Bonner Zentrale lud. Dopingkontrollen wurden simuliert, Ärzte zapften Freiwilligen Blut ab und analysierten es. Die Gäste durften ihr Wissen über Medikamente testen oder am Computer ein Antidopingspiel für junge Sportler ausprobieren. Es war lustig bis informativ. Irgendwann fielen die Worte „Eishockey“ und „Vorreiter“.
Die Puckjäger, die landläufig nicht als die fortschrittlichsten unter den Mannschaftssportlern gelten, verhalten sich in Sachen Antidopingkampf tatsächlich progressiv. Schon im April 2009 schlossen sie einen weitreichenden Vertrag mit der Nada ab. Zwar arbeiten auch andere Sportarten eng mit der Agentur zusammen. Im Fußball ist die Nada für Trainingskontrollen zuständig. Im Handball organisiert die Nada die Wettkampfkontrollen in der 1. und 2. Bundesliga. Doch nur im Eishockey hat sie die komplette Oberhand über den Antidopingkampf. „Wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht“, sagt Franz Reindl, Generalsekretär des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).
Die Nada organisiert im Eishockey sämtliche Kontrollen, zudem liegt das Ergebnismanagement bei ihr. Das bedeutet: Im Fall eines positiven Tests ist die Nada – und nicht ein dem Sport angehörendes Schiedsgericht – für Anhörung und Bestrafung der Sportler zuständig. Der Nada-Vertrag gilt für die Deutsche Eishockey Liga (DEL), die Nationalmannschaften, die 2. Bundesliga und die Oberliga. 2012 wurden laut Nada-Jahresbericht 88 Wettkampfkontrollen gezählt, 304 Tests im Training durchgeführt. Sogar im Sommerurlaub können Spieler heimgesucht werden. So erhielt John Tripp von den Kölner Haien, deutscher Nationalspieler kanadischer Provenienz, in Ontario Besuch von einem Kontrolleur.
Es gab bisher weder positive Proben noch Beschwerden. Die Nationalspieler, die im Wada-Meldesystem (Welt-Antidoping-Agentur) „Adams“ online ständig Auskunft über ihre Aufenthaltsorte erteilen müssen, damit unangemeldete Trainingskontrollen möglich sind, kommen ihrer Pflicht nach. Die meisten Klubs haben einen für die Nada-Belange Verantwortlichen benannt, in vielen Fällen ist es der Physiotherapeut. „Alle haben verstanden, wie wichtig das ist“, meint Reindl.
Sie sind im Eishockey aus Schaden klug geworden. Denn es gab da den Fall Florian Busch. Der bayrische Bursche vom Tegernsee, der für die Eisbären Berlin spielt, hatte im März 2008 einen Nada-Kontrolleur, der bei ihm geklingelt hatte, wieder weggeschickt. Busch holte den Test zwar fünf Stunden später nach. Die Nada wollte ihn trotzdem sperren. Der DEB verdonnerte Busch aber nur zu einer Geldstrafe und 56 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Es entbrannte ein Streit, dem DEB drohte sogar der Entzug von Fördergeldern.
Irgendwann sahen die Eishockey-Funktionäre ein, dass sie sich in eine Sackgasse manövriert hatten. Und so legten sie ihr Schicksal in die Hände der Nada, die Kosten dafür teilen sich die DEL und der Verband. Busch selbst wurde vom Sportgerichtshof Cas in Lausanne zunächst gesperrt. Dagegen legte er Beschwerde vor dem Schweizer Bundesgericht ein, der stattgegeben wurde. Er spielte danach erst weiter für Deutschland. Da er mit dem Meldesystem aber nicht zurechtkam – und auch aus Angst vor neuen, negativen Schlagzeilen – trat er 2010 aus dem Nationalteam zurück.
Seit der Fall abgeschlossen ist und die Nada das Antidoping-Regiment im Eishockey führt, herrscht Ruhe. Ab und zu gibt es sogar Lob für die Kufencracks – auch, wenn das im Bonner Trubel fast untergegangen wäre.